Milliardenhilfen der EU in private Taschen gelenkt

■ Hilfen für die Sicherheit nuklearer Anlagen in Osteuropa flossen an westliche Unternehmen

Berlin (taz) – Rund 1,52 Millarden Mark (780 Millionen ECU) des Hilfsprogramms für die osteuropäischen Staaten (Tacis) beanstandet der Europäische Rechnungshof gegenüber der EU- Kommission. Das erfuhr die Europaabgeordnete der Grünen, Edith Müller, von einem hohen Beamten des Rechnungshofs. Seit 1991 unterstützt die EU mit Tacis Rußland, die Ukraine, Litauen, die Slowakei und Bulgarien bei dringenden AKW-Sicherheitsproblemen. 90 Prozent der Nuklearhilfe sollen in falsche Kanäle geflossen sein: Wie aus dem internen Bericht hervorgeht, wird das Geld für „schlecht koordinierte“ und „überteuerte“ nukleare Projekte in Osteuropa verschwendet. Finanzkontrolle habe nahezu nicht stattgefunden. Von „zweifelhaftem Nutzen“ sei die Beschäftigung „russischer Subunternehmer“, mit deren Hilfe „Gewinne westlicher Beratergesellschaften in die Höhe getrieben werden“.

Kommissionspräsident Jacques Santer und Hans van den Broek, Kommissar für Osteuropa, seien „über die Lage informiert“, sagte ein Beamter des Rechnungshofs zur taz. „Ständiger Stein des Anstoßes“ sei die Vergabe sogenannter „Sicherheitsstudien“ an westliche Berater. Laut Bericht wurden Ergebnisse vieler Studien gar nicht erst verwertet.

Bereits im Juli hatten Edith Müller und Undine von Blottnitz eine parlamentarische Anfrage gestartet: Sie wollten wissen, „um wieviel Prozent sich die nukleare Sicherheit im Verhältnis zu den Kosten des nuklearen Hilfsprogramms der EU verbessert“ habe. Die EU-Kommission antwortete nicht. Neben anderen europäischen Unternehmen profitiert auch Siemens von Tacis. „Wir haben uns dabei keine goldene Nase verdient“, sagte Sprecher Wolfgang Breyer. Siemens beschäftige keine Subunternehmer über Tacis, sondern fördere lediglich die Kooperation mit osteuropäischen Experten. Spätesten Ende Oktober muß die EU-Kommission zu den Rechnungshofvorwürfen Stellung nehmen. Peter Sennekamp