SPD schließt Neuwahlen nicht mehr aus

■ Wegen anhaltender Personalquerelen in der CDU droht SPD-Fraktionschef Klaus Böger mit vorgezogenen Wahlen. Grüne und PDS fordern von der SPD, Chance zum Machtwechsel zu nutzen: "Böger könnte rot-grüne

Als Folge der Personalquerelen in der CDU wird auch in der SPD die Forderung nach vorgezogenen Neuwahlen laut. Der stellvertretende Landesvorsitzende, Klaus- Uwe Benneter, sagte gestern, wenn der Senat nicht mehr richtig regiere und sich nur noch mit sich selbst beschäftige, dann sei die Forderung nach Wahlen vor dem regulären Termin im Herbst 1999 verständlich. Die Große Koalition habe sich wie „Mehltau“ über die politischen Auseinandersetzungen der Stadt gelegt.

Der Vorsitzende der CDU- Fraktion, Klaus Landowsky, wies Benneters Forderung als „linkes Sperrfeuer“ zurück. Mit dem SPD- Fraktionsvorsitzenden Klaus Böger sei er sich einig, daß die Koalition bestehenbleibe. „Mit der CDU wird es keine vorgezogenen Neuwahlen geben“, so Landowsky. Inzwischen hat aber auch Böger Neuwahlen angedroht: Falls die CDU bis zur Parlamentssitzung am 12. November die Personalfragen nicht geklärt habe, „dann muß man auch sehen, daß man vorgezogenen Neuwahlen hat“, sagte Böger gestern. Bislang hatte er ein vorzeitiges Koalitionsende ausgeschlossen.

Am 12. November soll das Abgeordnetenhaus die NachfolgerInnen für die nach Bonn wechselnde SPD-Arbeitssenatorin Christine Bergmann und den amtsmüden CDU-Wirtschaftssenator Elmar Pieroth wählen. Falls Innensenator Jörg Schönbohm wirklich als CDU-Chef nach Brandenburg wechselt, wird auch für ihn ein Nachfolger gesucht. Zudem halten sich Gerüchte, daß auch der Stuhl von CDU-Gesundheitssenatorin Beate Hübner wackelt.

Unterdessen haben die Oppositionsparteien die SPD aufgefordert, die Chance für einen Regierungswechsel in Berlin konsequent zu nutzen. „Wenn Klaus Böger nur wollte, könnte er Berlin bald als Bürgermeister einer rot-grünen Koalition regieren“, sagte der bündnisgrüne Politiker Michael Cramer. Wie viele in den Fraktionen von Grünen und PDS hält Cramer die Neuwahl der Senatoren für eine gute Gelegenheit, das Ende der Koalition zu beschleunigen. Die SPD könne sich bei der Wahl der CDU-Senatoren enthalten und diese so durchfallen lassen, sagte Cramer. Setze der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) seine KandidatInnen nicht durch, müsse er zurücktreten. Dieses Schicksal traf 1981 den SPD-Bürgermeister Dietrich Stobbe. Dann würde wohl auch die CDU Neuwahlen zustimmen. Ihre Stimmen werden für die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit zur Auflösung des Abgeordnetenhauses gebraucht.

Der bündnisgrüne Politiker Wolfgang Wieland geht davon aus, daß möglicherweise auch CDU- Abgeordnete die neuen SenatorInnen durchfallen lassen werden. „Da haben etliche eine Rechnung mit Diepgen offen“, so Wieland, „und Wahlen sind immer die Stunde der Heckenschützen.“ Die PDS ist skeptischer: „Ich befürchte, die Berliner SPD ist noch nicht reif für den Wechsel“, sagte Fraktionssprecher Harald Wolf. Sie habe weder einen Spitzenkandidaten noch ein Wahlkampfkonzept. Hannes Koch/Sabine am Orde