Keine Entschädigung für Pipeline-Opfer

Nigerias Militärregierung bleibt dabei: Die Brandkatastrophe von Jesse, bei der am Wochenende über 500 Menschen starben, wurde durch „Sabotage“ herbeigeführt. Das Feuer ist immer noch nicht völlig gelöscht  ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – Die Opfer der Explosionskatastrophe in Nigeria sind selber schuld. Dies bleibt die Haltung der nigerianischen Regierung zum Tod von über 500 Menschen, die im Dorf Jesse starben, als das aus einer lecken Pipeline ausgeflossene Benzin am Samstag abend in Brand geriet.

„Ihr beschwert euch, daß Ihr marginalisiert seid, aber es reicht nicht, Staatseigentum zu zerstören, um das Problem zu lösen“, sagte Staatschef General Abdulsalam Abubakar, als er am späten Montag per Hubschrauber den Unglücksort für eine Viertelstunde besuchte. Entschädigungen für die Opfer werde es daher nicht geben. Lediglich Krankenhauskosten für Brandopfer werde der Staat übernehmen. Allerdings sind die Krankenhäuser der Gegend schon jetzt hoffnungslos überfordert und weisen Leute ab.

Entgegen ersten Berichten am Montag war das Feuer gestern offenbar noch nicht völlig gelöscht. Die Feuerwehr hatte den Brand lediglich eingedämmt und wartet nun darauf, daß das restliche Benzin abbrennt. Einem Bericht zufolge war die Pipeline – die Benzin aus dem Süden Nigerias in den Norden transportiert – acht Kilometer in jeder Richtung vom Leck entfernt abgestellt, so daß insgesamt der Inhalt von sechzehn Kilometern Pipeline ausfließen wird. Dieser Umstand deutet auch darauf hin, daß tatsächlich jemand das Leck vorsätzlich verursacht hat.

Wahlkommission erlaubt neun Parteien

Unterdessen hat die unabhängige Wahlkommission Nigerias den ersten Schritt zur Demokratisierung abgeschlossen. Sie verkündete am Montag nachmittag nach mehrwöchiger Prüfung die Zulassung von neun politischen Parteien. Darunter sind die „All People's Party“ (APP), in der Anhänger des Militärregimes eine wichtige Rolle spielen, und die „People's Democratic Party“ (PDP), die Reformer aus dem Establishment vereint und voraussichtlich Ex-Staatschef Olusegun Obasanjo als ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 1999 aufstellen wird.

Weiter legalisiert wurden unter anderem die „Alliance for Democracy“ (AD), gebildet von Aktivisten der Demokratiebewegung, sowie die Parteien zweier Politiker, die versucht hatten, sich zu Lebzeiten des im Juni verstorbenen Diktators Sani Abacha als Konkurrenten um die Präsidentschaft zu etablieren – „Movement for Solidarity and Justice“ (MSJ) des Ex-Polizeichefs M.D. Yusufu und „Democratic Advance Movement“ (DAM) des Rechtsanwalts Tunji Braithwaite. Diese Parteien werden zu den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 1999 nur dann zugelassen, wenn sie bei den Kommunalwahlen Anfang Dezember in mindestens 24 der 36 Bundesstaaten die 10-Prozent- Hürde überspringen.

Die Parteienzulassung erfolgte zeitgleich mit dem Abschluß der Wählerregistrierung, die nach Meinung der meisten Beobachter manipuliert wurde. Da viele Wahlkarten von korrupten Politikern vorab aufgekauft oder beiseite geschafft wurden, konnten sich viele Bürger nicht registrieren lassen – vor allem in Hochburgen der Opposition wie der Sieben-Millionen-Stadt Lagos und im Niger- Delta. Zu den Prominenten, die nicht im Wahlregister stehen, gehören der frühere Präsident Mohammed Buhari und der Führer der früheren Oppositionsbewegung „National Democratic Coalition“ (Nadeco), Abraham Adesanya.

Wie gestern außerdem bekannt wurde, ist der Ex-Chef von Diktator Abachas gefürchtetem Inlandsgeheimdienst DMI, Frank Omeka, von seinen früheren Untergebenen in Lagos verhaftet und in die Folterzellen gebracht worden, in denen er selbst Gefangene hatte verhören lassen. Die Zeitung PM News berichtete, Omeka sei von den immer noch dort einsitzenden Gefangenen sofort krankenhausreif geschlagen worden, bevor man ihn in eine Einzelzelle sperrte.