Hyundai schickt Touristen nach Nord-Korea

Der größte Konzern Süd-Koreas will im stalinistisch regierten Norden des geteilten Landes investieren. Der Hyundai-Chef frohlockt angesichts von billigen Löhnen, die noch unter chinesischem Niveau liegen  ■ Von Sven Hansen

Berlin (taz) – Hyundais Erfolg mit seinen Projekten im Norden wird hoffentlich zur Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen beitragen“, sagte Süd-Koreas Präsident Kim Dae Jung gestern, als er den gerade aus Nord-Korea zurückgekehrten Gründer des Hyundai-Konzerns empfing. Chung Ju Yung hatte in der letzten Woche in Pjöngjang neun innerkoreanische Großprojekte auf den Weg gebracht und war dabei auch überraschend mit Nord-Koreas Machthaber Kim Jong Il zusammengetroffen.

Chungs Reise in den verfeindeten Norden findet zwar die ausdrückliche Billigung des südkoreanischen Präsidenten, doch warnte er davor, den Besuch überzubewerten. In der Vergangenheit seien schon zu oft falsche Erwartungen über Projekte in Nord-Korea geweckt worden, so Kim. Sprecher der Opposition befürchten, daß Nord-Korea die Einnahmen aus den Projekten für sein Militär verwenden könnte.

Die Zusammenarbeit mit Hyundai könnte sich für das unter einer Hungersnot leidende Land, das bisher fast ausschließlich Rohstoffe und Waffen exportiert, als wirtschaftlicher Rettungsring erweisen. Am konkretesten ist das Tourismusprojekt am Berg Kumgang an der Ostküste. Hyundai will dafür in den nächsten sechs Jahren 906 Millionen US-Dollar, nach manchen Quellen gar 960 Millionen Dollar an Pjöngjang zahlen – mehr als die gesamten Exporteinnahmen eines Jahres. Dafür darf Hyundai das Gebiet exkusiv entwickeln. Das sechsjährige Monopol wurde bisher aber nur mündlich zugesichert. Der Konzern geht allerdings davon aus, den Zeitraum noch auf 30 bis 50 Jahre festlegen zu können. Auch die Mun- Sekte bemüht sich um ein Tourismusprojekt in der Region. Hyundai will zunächst 2.000 Touristen wöchentlich auf die 1.000 Dollar teure Kreuzfahrt schicken, davon erhält Pjöngjang 300 Dollar. Bis zum Jahr 2005 erhofft man sich dann eine Steigerung auf jährlich 1,5 Millionen Touristen.

Geplant sind auch eine Sonderwirtschaftszone an der Westküste, in der Hyundai eine Automontagefabrik und eine Schiffswerft betreiben will, sowie ein Kraftwerk und ein Sportstadium in Pjöngjang, die Erkundung und Ausbeutung mutmaßlicher Ölquellen und der Einsatz nordkoreanischer Bauarbeiter auf Hyundai-Baustellen in Libyen und in Zentralasien.

Zunächst will Hyundai außer mit den bereits am 18. November startenden Kreuzfahrten mit dem Bau von Autoradios beginnen. Der amtierende Hyundai-Chef frohlockte, daß die Löhne im Norden nur 100 Dollar pro Monat betragen und damit noch 20 Dollar unter denen in China liegen. Im früheren Billiglohnland Süd-Korea ist Hyundai mit militanten Gewerkschaften konfrontiert, die in den vergangenen Jahren substantielle Lohnsteigerungen erkämpfen konnten. Jetzt sollen offenbar die niedrigen Löhne im Norden dazu beitragen, den unter der Wirtschaftskrise leidenden Hyundai- Konzern zu sanieren.