Art Cologne, die 32. Lieferung
: Risikoverschönerung

■ Auf der Kölner Kunstmesse ist die Berliner Konkurrenz passé. Viel mehr fürchtet man die höhere Mehrwertsteuer im nächsten Jahr

Allen Börsensituationen zum Trotz gibt sich die Kölner Kunstmesse wieder größer, besser und breiter. 262 Galerien, davon 161 aus Deutschland, 19 aus Italien und 22 aus Belgien, der Schweiz und den Niederlanden, finden auf dem hellen Teppich in den Deutzer Hallen ein Forum für die überwiegend klassische Moderne. Optimismus wird verbreitet, nachdem die Berliner Messe von Basel aus abklassifiziert und in ihrer Kommerzialität als zweitrangig eingestuft wurde.

Überhaupt habe sich die Situation entkrampft, so Dietmar Löhrl, der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Galerien – es gibt eben die Tradition des Kölner Standortes. Als massive Bedrohung empfinde man vielmehr die ab Juni nächsten Jahres geplante Mehrwertsteueranhebung für Kunst.

Der Galerist Karsten Greve als Sprecher des Zulassungsausschusses wies auf die gesteigerte Attraktivität der Messe durch Raumverschönerung, zahlreiche Projekte wie die bewährten Förderkojen und das neue Messesegment KölnSkulptur hin. Dazu gibt es großzügige, teilweise museale Einzelschauen von 36 Galerien (unter anderem mit Cragg, Droese, Holzer, Judd, Morellet, Penck). Hier setze man klare Schwerpunkte, sähe man Qualität und Relevanz des Kunstmarktes.

Schließlich hat man Autorität: Risiken wurden im Vorfeld durch gestrichene Künstler „herausgenommen“. Heftigen Protest und Rassismusvorwürfe handelte sich die Messeleitung dabei durch die Streichung von Aborigine-Künstlern der Galerie Pizzi aus Melbourne ein. Möglich sei allein „traditional australian art“, wie ein Schreiben des Australian Council of Art zur ethnisch komplexen Unterscheidung der Kunstformen von Greve zitiert wird. Pizzi verweigerte daraufhin die Teilnahme.

Die wenigen respektablen Junggaleristen haben es dagegen schwer, ihre häufig spröden kontextuellen Arbeiten zugänglich zu machen. Sie finden sich jedoch messearchitektonisch gut geballt. Am besten hält man sich auf beiden Etagen immer rechts und folgt im Plan den gelben Förderkojen-Flecken – einzige Ausnahme ist der schon in Berlin aufgefallene Tal R, der eine Förderkoje bei Andersen aus Kopenhagen bestückt. Auch die Kölner Medienkunsthochschule sticht mit einem Projekt hervor: Hier wird lebendige Praxis technisch verwertet, wie im Nonsens-Labor von Arne Analog und Chris Chroma.

Gisela Capitain, Contemporary Fine Arts, Anthony d'Offay, Rolf Ricke und selbst Michael Werner sind wieder dabei und verhelfen der Messe zu einigen Lichtblicken, die nur durch schlampig verklebte Rauhfasertapeten der Stellwände unhübsch ins Auge fällt. Vom Preisniveau ist alles möglich, denn auch in Köln sind die Einstiegsquoten dank viel Fotografie und Zeichnung angenehm gesunken. Gregor Jansen

Bis 15. November auf dem Köln- Deutzer Messegelände in den Rheinhallen, täglich 11 bis 20 Uhr, Tageskarte 20DM