■ Cash & Crash
: „Markt für Zocker“ wächst

Hamburg (taz) – Zwei fleißige Mitarbeiter der WGZ-Bank haben ihrem Brötchengeber einen Schaden von 377 Millionen Mark beigebracht. Und das allein über „Devisen-Optionsgeschäfte“, die die genossenschaftliche Zentralbank nun ins Schwimmen gebracht haben. Die beiden hatten wohl ein immer größeres Rad gedreht: Erste Verluste sollten durch neue, noch riskantere Spekulationen ausgeglichen werden – vergeblich.

Die Zahl solch hochspekulativer Geldgeschäfte abseits der Bankbilanz wächst zusehends. Nach einer Statistik der Deutschen Bundesbank war die Zahl der bilanzunwirksamen Geschäfte – sogenannter Derivate – deutscher Banken im ersten Halbjahr 1997 um 30 Prozent auf die damalige Rekordmarke von 21,7 Billionen Mark gestiegen. Inzwischen liegt sie gar bei 28,1 Billionen Mark.

Derivate umfassen Finanz- Swaps, bei denen Kredite oder Währungen zwischen zwei Partnern getauscht werden, aber auch Devisen-Termingeschäfte und Optionen auf einen möglichen späteren Kauf von Aktien oder Währungen zu einem bestimmten Kurs. Sie fließen nicht oder nur teilweise in die Bilanzen der Kreditinstitute ein. Deutsche Institute veröffentlichen bislang lediglich einige wenig informative Globalzahlen. Zu Unrecht: Eine Hebelwirkung kann die Verluste ins Uferlose treiben, denn für eine Option wird zunächst weniger Kapital benötigt, als ihr nominaler Gegenwert, beispielsweise eine Aktie, beträgt. Wird die Option sogar mit einem Kredit finanziert, verschärft das die Gefahr.

„Das ist ein Markt für Zocker“, sagt ein Hamburger Börsianer. Andererseits sichern sich auch exportorientierte Industriekonzerne gerne mittels Termingeschäften gegen mögliche Kursschwankungen von Dollar oder Yen ab.

Die Deutsche Bank hatte noch im Sommer erklärt, international habe man noch Nachholbedarf. Und die Gefahren seien durch „Risikomanagement und Risikokontrolle“ auf ein normales Ausfallrisiko zurückgeführt. Derivate im Nominalwert von 3,4 Billionen Mark entsprächen so 27 Milliarden Mark an Krediten. Nach dem Fastdesaster des amerikanischen LTCM-Hedge-Fonds, für dessen Sanierung die Deutsche Bank 500 Millionen Mark beisteuerte, dürfte aber auch in Frankfurt ein Umdenken begonnen haben.

Offensichtlich zweifelt die Bundesbank schon länger am hinreichenden Sicherheitsbewußtsein vieler deutscher Finanzinstitute: „Die Veröffentlichung dieser Zahlen trägt der Entwicklung derivativer Geschäfte Rechnung und leistet somit einen Beitrag zur Verbesserung der Transparenz in diesem weiter expandierenden Geschäftsbereich“, heißt es in der jüngsten Bundesbank-Sonderveröffentlichung. Hermannus Pfeiffer