Selbstbezügliches System Kunst

Das smarte Berliner Künstlerpaar Dellbrügge/de Moll mit „modell“ in der k3  ■ Von Hajo Schiff

Eine kampnageltypische Requisitenkiste steht in der Ecke und brabbelt vor sich hin: Aus versteckter Quelle entfaltet sich das Stimmengewirr einer Vernissage. Das Berliner Künstlerpaar Christiane Dellbrügge und Ralf de Moll hat gefundene Theorietexte zur Kunst gesampelt und zu einem Remix zusammengesetzt. Solche Formfindungen für begleitende Aspekte heutiger Kunstpraxis sind seit neun Jahren typisch für die beiden.

Die Ausstellung auf Kampnagel, die erste nach der Wiedereröffnung von k3 im neuen räumlichen Kontext und Konzept, heißt modell. Schon der Titel ist doppelt zu lesen: Er ist ebenso ein Selbstverweis auf die Namen des Paares wie die Vorgabe für die einzige Ebene, auf der heute noch Utopien realisiert werden können. Denn so spielerisch die kunsteigene Welt reflektiert wird, auf den visionären Gehalt künstlerischer Entwürfe wollen die beiden nicht verzichten. So findet sich in der Ausstellung eine ganze Ahnenreihe zu Raumphantasien: Ein Betonguß des Kugelhauses des Revolutionsarchitekten Ledoux, der Klettendom von Buckminster Fuller, dazu Buchattrappen als Literaturverweis von Bacon bis Disney, von Jules Verne über Le Corbusier bis archigram.

In einer Flagge, die ein Signalhorn zeigt, manifestiert sich das anscheinend Wesentliche aktueller Kunstpraxis: Möglichst viel Lärm zu machen, um sichtbar zu werden. Dellbrügge & de Moll verweisen nicht nur darauf, sie beherrschen es auch. Denn die meisten der in der aus Berlin übernommenen Ausstellung gezeigten Modellsituationen referieren auf andernorts bereits ganz oder teilweise durchgeführte Projekte.

So fallen Konzept und Realisation, museales Modell und Präsenz im öffentlichen Raum zusammen, und die Meta-Ausstellung ist zugleich eine Retrospektive des 37jährigen Duos. Auch die Internet-Adresse ist mehr als der Verweis auf eine zusätzliche Möglichkeit. Das Netz ist ein für diesen Kunstansatz geradezu notwendiger äußerer Punkt, von dem aus eine Reflexion des Kunstsystems über die subjektive Sicht des Künstlerpaares hinaus möglich wird.

Der Strudel der Bezüge in einem selbstbezüglichen System Kunst: Lange vor den KünstlerInnen und KunstkritikerInnen hat die Literatur dies formuliert. Der Metatext des Internets nimmt und hebt das erneut auf: Da „alles“ gefährlich nah am „Nichts“ ist, scheint es sinnvoll zu sein, auch weiterhin im Realraum Objekte zu realisieren, die Erfahrungen und Möglichkeiten sinnlich verdichten. Daß Christiane Dellbrügge und Ralf de Moll das leisten, macht das smar-te Künstlerpaar zu mehr als nur Galionsfiguren der Selbstbespiegelung des Kunstsystems.

Kampnagel, Halle k3, Di – So 16 – 20 Uhr, bis 17. Januar 1999; Netzadresse: http:/.hamburg-ersatz.trmd.de