PKK-Boß Öcalan in Rom außer Gefecht

■ Der Chef der Arbeiterpartei Kurdistans wurde wegen Mordes international gesucht. Türkische Justiz will seine Auslieferung fordern. Auch in der BRD liegt ein Haftbefehl vor. Öcalan könnte in Italien politisches Asyl beantragen

Istanbul/Berlin (taz) – Die Flucht des PKK-Chefs Abdullah Öcalan, genannt „Onkel“, des Staatsfeinds Nummer eins der Türkei, ist zu Ende. Er wurde vorgestern abend, aus Moskau kommend, auf dem römischen Flughafen Leonardo da Vinci festgenommen und zunächst in eine Klinik eingeliefert, nachdem er über Herzbeschwerden klagte. Inzwischen wurde er ins Gefängnis überstellt. Öcalan ergab sich ohne Widerstand. Er hatte einen falschen Paß auf den Namen „Sarikurt“, das bedeutet „gelber Wolf“, bei sich. Der Paß war von einem in Deutschland lebenden Kurden als gestohlen gemeldet und vom türkischen Geheimdienst, der offenbar wohl informiert und dicht auf den Spuren Öcalans war, Interpol bereits als mögliches Ausweispapier des Führers der Kurdischen Arbeiterpartei genannt worden.

Die italienische Polizei erklärte, man habe Öcalan verhaftet, um ihn an die Türkei auszuliefern. Öcalan wiederum beantragte politisches Asyl. Er wird wegen Mordes auch per deutschem Haftbefehl von 1990 gesucht. Die Bundesanwaltschaft will Mitte nächster Woche über ein mögliches Auslieferungsbegehren entscheiden.

Öcalans Festnahme könnte der Anfang vom Ende der PKK sein, die stark auf ihn zugeschnitten war. Sie führt seit 14 Jahren einen Guerillakrieg für die Unabhängigkeit Kurdistans. Nachdem die Türkei den Druck auf Syrien, wo sich PKK-Basen befanden, vor einigen Wochen dramatisch verstärkte, wurde Öcalan zur Flucht nach Moskau genötigt. Auch die russische Regierung verkündete mehrfach, sie werde ihn als „Terroristen“ nicht auf ihrem Gebiet dulden. JG/ci Tagesthema Seite 3