Rechtsextremisten auf dem trockenen

■ Das Cafe Germania, zentrale Sammelstelle Berliner Neonazis in Lichtenberg, wird geschlossen. Öffentlicher Druck und Mietschulden sollen zur Schließung geführt haben. Eine Wiedereröffnung im Brandenburge

Das Café Germania macht dicht. Der Treffpunkt Berliner Neonazis in der Lichtenberger Normannenstraße, der sich seit einem Jahr zu einem der wichtigsten Orte der rechtsextremen Infrastruktur in der Hauptstadt entwickelt hat, hat für heute seinen letzten Öffnungstag angekündigt. Danach, so die Rechtsextremisten, soll das Café im Brandenburger Umland wiedereröffnen.

Wie die rechtsextremen Betreiber des Cafés in der vergangenen Woche ihre GesinnungsgenossInnen wissen ließen, stehe dem Lokal nach einer erfolgten Kündigung eine Zwangsräumung ins Haus. Mietschulden, so heißt es, hätten zur Kündigung geführt. Offenbar waren die Neonazis, speziell der Café-Betreiber und einschlägig bekannte Rechtsextremist, Andreas Voigt, aufgrund des öffentlichen Drucks in Schwierigkeiten geraten. Beschädigungen am Lokal sowie die Abschreckung potentieller jungrechter Besucher hatten Voigt zudem Probleme bereitet. Mehrfache Zerstörungen von Scheiben, so heißt es, hätten es außerdem erschwert, für das Lokal noch ausreichenden Versicherungsschutz zu erhalten.

Das Haus nahe dem Rathaus Lichtenberg gehört der Mönchengladbacher L&R Wohnbau GmbH. Dieser ist der germanische Pächter schon länger ein Dorn im Auge, und sie wollte das Lokal längst geschlossen sehen. Aufgrund der Mietkonstruktion indes war es der Hauseigentümerin nicht möglich, direkten Einfluß zu nehmen. Die L&R hat die Räume an den Zwischenpächter Behrendt vermietet, dieser schloß dann den Pachtvertrag mit dem Café Germania ab. Nur Behrendt konnte also der rechtsextremen Versorgungsstation kündigen.

Mit der Schließung des Cafés verliert die erstarkte rechtsextreme Szene Berlins immerhin einen ihrer zentralen Anlaufpunkte. Erst vor einer Woche hatte Innenstaatssekretär Kuno Böse das Café mit drastischen Worten beschrieben: „Das Café Germania hat sich nicht nur zu einem zentralen Stützpunkt für sogenannte Kameradschaften und zur Anlaufstelle für Neonazis entwickelt, sondern gilt derzeit als der wichtigste Treffpunkt der rechtsextremistischen Szene Berlins insgesamt.“ Das Café, so Böse in seiner Erläuterung weiter, werde von nahezu allen Gruppierungen der rechtsextremen Szene besucht und unterstützt, genieße Unterstützung auch durch den NPD-Bundesvorständler Frank Schwerdt und gelte als Vorbild zum Aufbau einer rechtsextremen „nationalen“ Infrastruktur in der Bundesrepublik. Nach seinem Vorbild sollten Gaststätten und Freizeiteinrichtungen entstehen und so die rechtsextreme Vernetzung stärken.

Einmal wöchentlich hatten sich seit Eröffnung des Lokals im Dezember 1997 sogenannte unabhängige Kameradschaften – Neonazis, organisiert unter anderem von dem derzeit in Haft sitzenden Schwerdt – in dem Café zur Koordination getroffen. Ausschank von deutschem Bier und Fütterung mit deutschen Brötchen gehören zum Germanenrepertoire ebenso wie Lieder-, Vortrags- und Schulungsabende. Gegen das Café fanden in den vergangenen Monaten mehrfach Demonstrationen statt und eine Kampagne des „Bündnisses gegen Rechts“ forderte zuletzt bei einer Demonstration vor zehn Tagen: „Weg mit dem Café Germania“. Barbara Junge