„schatte3.doc“ – versteckte Schulden

■ Der Bremer Senat hat den offiziellen Schuldenstand leicht abgebaut, aber den „Schatten“-Schuldenstand kräftig erhöht – auf mehr als 2,2 Milliarden Mark, trotz Sanierungsleistungen

Die finanzpolitische Bilanz des Bremer Senats sieht immer positiv aus: Die Ausgaben-Steigerungsrate ist minimal. Im kommenden Jahr soll trotz der hohen Investitionsquote von 1,2 Milliarden Mark sogar der Schuldenturm von etwa 17 Milliarden Mark um stolze 400 Millionen Mark abgebaut werden. Allein diese beiden Zahlen könnte man auch von ihrer anderen Seite her betrachten; denn in dieser Kalkulation ist ein 1,8 Milliarden-Scheck aus Bonn enthalten, der definitiv das letzte Mal so hoch ausfallen wird.

Nach dem Ende des fünfjährigen Sanierungszeitraumes (1994 bis 1998) „verbraucht“ Bremen also 1,4 Milliarden Mark mehr als im Etat zur Verfügung stehen. In der kommenden Woche in den Haushaltsberatungen wird Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) dem Parlament gegenüber aber noch eine bittere Pille mit süßen Worten verkaufen müssen: Der Bremer Schuldenberg ist in den Sanierungsjahren nicht leicht abgebaut worden, wie die offiziellen Zahlen suggerieren, sondern deutlich gestiegen.

Im Computer des Finanzsenators gibt es Dokumente mit merkwürdigen Namen wie „schatte3.doc“. Ausgeschrieben: Schattenhaushalte. In der Opposition hatte die Bremer CDU immer gegen das versteckte Schuldenmachen polemisiert. In der Verantwortung im Finanzressort ist aber der Schatten-Schuldenberg angewachsen wie nie zuvor und summiert sich, wenn man alle Posten zusammenzählen würde, auf über 2,2 Milliarden Mark.

Völlig normale Ausgaben werden da „außerhalb des Haushaltes“ verbucht und tauchen in dem offiziellen Schuldenstand nicht auf: Anfang der 90er Jahre kaufte die BSAG neue Fahrzeuge. 6,2 Millionen Mark sollen dafür allein 1999 getilgt werden, eine Summe von 43,2 Millionen Mark steht im „Schatten“-Schuldenturm. Oder der Rennplatz in der Vahr: 1984 wurde da einmal zuletzt investiert, die Summe tauchte nie im Haushalt auf. 250.000 Mark sind noch offen – „außerhalb des Haushaltes“. Jahr für Jahr stottert Bremen 30.000 Mark davon ab. Größere Posten, die nicht im Haushalt auftauchen: 337 Millionen Mark verbleibender Schulden für den Container Terminal III. Allein die Baggergut-Ent-sorgung im Fischereihafen wird bis zum Jahre 2001 insgesamt einen Schuldenstand von 40 Millionen Mark bringen, der nie im Haushalt auftauchen, die Bremer aber bis zum Jahre 2026 begleiten soll. Wenn der Space Park kommt, werden „wg. nicht zeitkongruenter Finanzierung“, wie es in der internen Aufstellung der Schatten-Schulden heißt, die Raten bis zum Jahre 2009 gestreckt. Flughafen, Fischereihafenschleuse, Schlachte, Wohnungsbauföderung – kaum etwas, das nicht in der Liste der Schattenhaushalts-Schulden auftaucht.

Neuerdings werden auch normale konsumtive Ausgaben zwischen die Schulden aus Investitionsprojekten gemischt. Im Etat 1999 tat sich eine Lücke von 114 Millionen Mark auf. Anstatt nun zu sagen: Wir können 114 Millionen Mark weniger tilgen, soll die Summe bei den Investitionen „gestrichen“ werden, damit die Optik stimmt. Die fehlenden 114 Millionen Mark bei den Investitionen wird im „Schattenhaushalt“ verbucht als Erhöhung der inoffiziellen Schulden. 6,8 Millionen Mark Zinsdienst sind für die Jahre 2000 bis 2006 vorgesehen, Tilgung: null. Laufende Ausgaben für das Jahr 1999 sollen also aus Einnahmen von 2007 oder später bezahlt werden. K.W.