Prügel dir einen

■ Wie man Blues mit dem Blues bekommt: Bob Log III lädt zum Tanz auf dem Müll

Wenn Musik nur mehr bei sich selber ankommt, wird es komisch. Bei Jon Spencer ist es beispielsweise so, daß er den Blues ja nicht deswegen macht, weil sein Baby ihn verlassen hätte, denn das hat ihn nicht verlassen und singt immer noch bei Boss Hog. Spencer macht Blues, weil er Blues machen will. So entsteht etwas, das man Dekonstruktion, Meta-Blues oder auch einfach nur Müll nennen kann. Ist wahrscheinlich alles wahr.

Wenn Bob Log III seine Gitarre umschnallt, ist der Effekt sehr ähnlich. Es ist nur sehr viel schwerer rauszukriegen, was er gerade in der Mache hat. Und es hört sich noch wesentlich gemeiner an. Es ist ebenfalls der Blues, auch Folk irgendwie, soviel scheint klar. Aber: Heißen Blues- oder Folkplatten etwa „School Bus“, wie die letzte von Bob Log? Eben.

Bob Log ist dem einen oder anderen möglicherweise bekannt als die eine, entscheidende Hälfte von Doo Rag. Die vornehmste Aufgabe von Thermos Malling, der anderen Hälfte dieses Duos aus Tucson, Arizona, bestand darin, auf Blechdeckeln, Pappkartons, einem Gartengrill oder Fahrradfelgen einzuprügeln, was dann Schlagzeug hieß. Währenddessen mutierte Bob Log seine Stimme durch Rumpelkammertechnologie und erprobte auf seiner in Heimarbeit modifizierten Gitarre alle erdenklichen Methoden, wie man nur möglichst krank klingen kann.

Der Trick besteht aber natürlich darin, daß der eine falsche Ton nicht dasselbe bedeutet wie der andere falsche Ton. Es geht darum, wenn schon nicht das Leben, dann doch wenigstens den richtigen Ton im falschen zu finden. Oder so. Eine wahrhaft heroische Angelegenheit jedenfalls, die viel Monotonie und endlose Wiederholungen der immergleichen Struktur verlangt, bis der rechte Ton gefunden ist.

Für sein Soloansinnen hat sich Bob Log III noch einen futuristisch anmutenden Helm aufgesetzt. Mit großem Visier. Ob das wirklich gut aussieht, ist noch nicht klar.

Der Blues von Bob Log ist sicherlich auch Blues, möglicherweise sogar in erster Linie, ja man findet gar nicht so selten sogar das berühmte Schema, aber schlußendlich bleibt doch die Frage: Was will der Mann eigentlich von uns? Soll man sich das allen Ernstes mit Spaß anhören? Wer zum Teufel ist so krank, das als Musik zu bezeichnen? Man kann weder dazu tanzen noch sich verlieben, man kann nicht mal vernünftig abwaschen, wenn das Zeug läuft. Wozu also bitteschön ist das nütze?

Die Antwort ist wohl recht einfach: Hier ist nichts bei sich selbst angekommen als Bob Log III höchstselbst. Das ist dann wohl tatsächlich weder dekonstruktiv noch irgendwie meta, sondern einfach nur noch Müll? Wohlgemerkt echter Müll und eigentlich schon lange nicht mehr Trash, das vor allem doch genußvolle Zelebrieren des Mülls.

Schlußendlich läuft es wohl darauf raus: Bob Log zuzuhören hat nur einen zwar leicht perversen, aber doch auch recht allgemein verständlichen Reiz: Voyeurismus. Thomas Winkler

16. Dezember, 21 Uhr, Insel, Alt- Treptow 6, Treptow; Bus: 166, 167, 177, 265, S-Bhf: Plänterwald, Treptower Park