Kommentar
: Bis zum letzten Mann

■ CDU-Widerstand gegen das Holocaust-Mahnmal

Widerstand bis zum letzten Mann – dem hat sich jetzt offenbar die CDU in Sachen Holocaust-Mahnmal verschrieben. Zwar liegt bereits ein – wenn auch nicht unumstrittener – Favoritenentwurf des New Yorker Architekten Peter Eisenman vor. Zwar hat es bereits zwei Wettbewerbe für ein Mahnmal gegeben. Zwar entscheidet jetzt der Deutsche Bundestag. Aber von solchen Nebensächlichkeiten läßt sich die CDU-Fraktion nicht verstören.

Mit kämpferischem Mut hat Uwe Lehman-Brauns, der Kulturpolitiker und Streiter in Sachen DDR-Vergangenheit, gestern verkündet, daß man den Eisenman- Entwurf nicht wolle, dafür einen neuen Wettbewerb und noch einen neuen Standort. Ein kleines, aber feines Mahnmal beim Reichstag wünscht man sich. Am besten noch mit Bezug zur Erinnerung an die anderen deutschen Schandtaten. Ein Glück, daß die CDU-Fraktion in Sachen Mahnmalentscheid weitgehend ausgebremst ist.

Aber eben nur weitgehend. Die rot-grünen Koalitionäre haben die Verlagerung der Entscheidungskompetenz an den Bundestag beschlossen. Zuvor lag sie gemeinsam bei Berlin, der Bundesregierung und einem privaten Kreis. Dabei hatte vor allem Berlin in Person von Eberhard Diepgen jede Realisierung blockiert. Doch selbst innerhalb der Bonner Koalition ist die Entscheidungsbefugnis des Bundestages offenbar Interpretationssache. Der Kulturbeauftragte Michael Naumann interpretiert sie folgendermaßen: Er sprengt den Rahmen der bisherigen Einigungen, setzt seine Vorstellungen durch, und dann darf der Bundestag ja sagen.

Die Berliner Christen interpretieren die Entscheidungsbefugnis noch anders: Der Bundestag kann entscheiden, aber wenn er einen Eklat vermeiden will, sollte er sich vorher eingehend mit Berlin besprechen. Denn gegen die Berliner wird man hier ja wohl kein Holocaust-Mahnmal durchsetzen. Deshalb heizt Lehmann-Brauns den Kampf noch einmal so richtig an – wohlkalkuliert auch gegen Kultursenator Radunski (CDU), der sich für Mahnmal und Entwurf ausgesprochen hatte. Die Rechnung könnte aufgehen, es sei denn, die SPD oder die anstehenden Wahlen machen einen Strich durch dieselbe. Barbara Junge