Mit Kriegsbewaffnung nach Japan

■ Plutonium-Frachter von der britischen WAA Sellafield nach Japan werden mit schwerem Geschütz ausgerüstet zum Schutz vor Terroristen

Glasgow (taz) – Die Betreiberfirma der britischen Plutoniumschleuder Sellafield will kein Risiko eingehen – jedenfalls was den Transport des wiederaufgearbeiteten Plutonium-Brennstoffs geht. Falls die Ware nämlich nicht am Ziel ankommt, gibt es kein Geld. British Nuclear Fuels (BNFL) hat deshalb bekanntgegeben, daß die beiden Schiffe, die ihre strahlende Ladung nach Japan bringen sollen, von schwerbewaffneter Polizei der Atomenergiebehörde begleitet werden.

Die USA hatten das hochangereicherte Uran nach Japan geliefert, die ausgebrannten Brennstäbe gingen dann nach Sellafield und sollen nach der Wiederaufarbeitung zurück nach Japan. Die doppelwandigen Transportschiffe sind Spezialanfertigungen: Sie sind mit zwei Navigations- und Radarsystemen ausgestattet und verfügen über riesige Bojen, die ein Schiff auch bei einem größeren Leck über Wasser halten sollen. Die Schiffe fahren von Sellafield im Nordwesten Englands im Konvoi, um sich gegenseitig vor terroristischen Überfällen und Enterversuchen zu schützen.

Es ist das erste Mal, daß zivile britische Schiffe mit großkalibrigen Waffen und Geschützen der Kriegsmarine ausgestattet werden. Die Maßnahme ist ein Kompromiß: Die USA hatten von ihrem im Atomsperrvertrag festgelegten Vetorecht Gebrauch gemacht, um die Sicherheitsbedingungen für den Transport festzulegen. Dazu gehört eigentlich ein bewaffnetes Begleitschiff. Da eine Marine-Eskorte den Preis erheblich in die Höhe getrieben hätte, handelte John Battle, Staatssekretär im Energieministerium, mit den USA aus, statt dessen Polizisten der Atomenergiebehörde auf den Transportern selbst einzusetzen. Die Polizisten sind zwar an Waffen ausgebildet, müssen jedoch einen Kurs im Umgang mit schwerem Geschütz absolvieren, bevor der erste Plutoniumtransport von Großbritannien aus startet. Wann die Reise losgeht, steht noch nicht fest. Die britische Regierung muß erst noch den Bau einer 200 Millionen Pfund teuren Anlage in Sellafield genehmigen. Damit rechnet BNFL jedoch in naher Zukunft. In dem Fall könnte das Plutonium noch in diesem Jahr nach Japan verschifft werden.

Ein Sprecher von BNFL sagte, er sei über die Einigung hocherfreut: „In Japan, Frankreich und den USA sind solche Schutzmaßnahmen gegen innere und äußere Bedrohung längst gang und gäbe.“ Die Anti-Sellafield-Organisation im benachbarten Barrow- In-Furness sagte dagegen: Das „führt die Behauptung von BNFL ad absurdum, daß Plutonium- Brennstoff völlig ungefährlich sei und von Terroristen keine Gefahr drohe“. Ralf Sotscheck