Tennis Borussia lehrt die Konkurrenz das Fürchten

■ Zwar gaben die Zweitligisten mit Ilija Aracic einen Stürmer an Hertha BSC ab. Doch mit dem Norweger Geir Frigard verpflichteten die „Veilchen“ im Handumdrehen einen Top-Stürmer

„Dieter, was sollen wir denn jetzt machen?!“ flehte Kuno Konrad, Präsident von Tennis Borussia, seinen Geschäftspartner Dieter Hoeneß um Rat. Doch der Hertha-Manager kümmerte sich nicht weiter um die Sorgen seines Gegenübers, hatte er doch zu Jahresbeginn den besten TeBe-Stürmer, Ilija Aracic, für eine Ablösesumme von 850.000 Mark vom zweitklassigen Lokalrivalen zum Bundesligisten ins große Olympiastadion gelotst. Ein Schnäppchen im Winterschlußverkauf auf dem Fußballmarkt, wie Hoeneß hoffte.

Doch Konrad, der scheinbar ratlose TeBe-Boß, hatte seine Netze längst nach einem weit größeren Fisch als Aracic ausgeworfen und ihn auch fristgerecht zum Transferschluß am 15. Januar an Land gezogen. Es ist der Norweger Geir Frigard, der in der Eliteliga Österreichs immerhin 23 Tore für den Linzer ASK erzielte.

Die Ablösesumme für das Nordlicht Frigard (er bestritt fünf Länderspiele für Norwegen) betrug stolze drei Millionen Mark. Damit geht der Angreifer als teuerster Spieler in die Vereinsgeschichte der Charlottenburger „Veilchen“ ein. Einmal in Shopping-Laune, verpflichteten die Borussen als Zugabe den slowakischen Nationalspieler Ivan Kozak für eine Leihgebühr von 250.000 Mark. Der Mann aus Kosice bestritt für sein Land immerhin 45 Auswahleinsätze und verfügt über Europapokal-Erfahrung.

Konrad klopfte sich nach dem sensationellen Transfercoup selbst auf die Schulter: „Frigard ist als Angreifer kompletter als Aracic. Viele Vereine beneiden uns um ihn. Kozak ist ein starker Mann mit großer internationaler Erfahrung.“ Auch TeBe-Manager Jan Schindelmeiser weinte speziell dem zu Hertha abgewanderten Kroaten keine Träne hinterher. „Wir hatten nicht den Eindruck, daß Aracic uns sportlich hätte weiterhelfen können.“

Wie Hoeneß reagierte, ist nicht überliefert. Aber verwundert zeigte man sich bei seinem Arbeitgeber schon, wie schnell die vermeintlich kleinen Tennis Borussen ihre Asse aus dem Ärmel zogen, während Hoeneß monatelang auf Stürmersuche durch die Weltgeschichte gondelte, um dann doch nur eine Verstärkung aus dem zwei Kilometer von der Hertha-Geschäftsstelle entfernten Mommsenstadion zu ergattern. Und ob Aracic tatsächlich die erhoffte Verstärkung darstellt, zeichnet sich im Hertha-Trainingslager in Spanien noch nicht ab.

Mit den spektakulären neuen Leuten hat TeBe die Konkurrenz in der 2. Liga nachhaltig geschockt. Während sich die Gegner vor dem Start in das Jahr 1999 bei Einkäufen merklich zurückhielten oder sogar Planstellen abbauen wollten, unterstrichen die protzigen Veilchen mit ihren weit geöffnetem Geldbeutel ihre Aufstiegsambitionen. „Es gibt keine drei Mannschaften, die besser sind als wir. Die Chance aufzusteigen ist absolut vorhanden. Ich rechne mit fünf bis sieben Punkten mehr als in der Vorrunde“, tönte Konrad schon mal zur Warnung. Man beachte: Die erste Halbserie absolvierten die Charlottenburger mit nur zwei Zählern weniger als Spitzenreiter Ulm auf dem 4. Rang, wobei die ersten drei Plätze zum Einzug in die Bundesliga berechtigen würden.

„Die Berliner hatten schon vorher eine erstklassige Mannschaft. Aber wer jetzt nochmals soviel Geld investiert, ist zum Aufstieg verdammt“, zuckte Lorenz Köstner vom derzeitigen Drittplazierten aus München-Unterhaching zusammen. Widerspruch und Kritik an die Adresse von TeBe kam eigentlich nur vom Spitzenreiter Ulm, wo der für seine gewiefte Taktik bundesweit bekannte Fußballehrer Ralf Rangnick nach dem Fehdehandschuh griff und ihn spöttisch gen Berlin schleuderte. „Nicht alle teuren Spieler müssen auch gut sein.“

Sein TeBe-Kollege Stanislav Levy vermittelte hingegen den Eindruck, daß er mit dem enorm gestiegenen Erfolgsdruck umzugehen weiß. „Mit Druck kann ich leben“, versicherte der Tscheche, der nicht dagegen opponieren würde, „wenn wir am Ende der Saison auf einem Aufstiegsplatz stünden.“ Jürgen Schulz