Kampf gegen häusliche Gewalt

Die EU-Konferenz „Gewalt gegen Frauen“ fordert eine konsequentere Verfolgung der Täter. Die Bundesregierung will gewaltfreie Erziehung gesetzlich verankern  ■ Aus Köln Astrid Prange

Über Gewalt gegen Frauen sagt ein Sprichwort mehr als jede wissenschaftliche Abhandlung. „Geld ist gut, wenn es gezählt wird, Frauen sind gut, wenn sie geschlagen werden.“ Das soll sich in Zukunft zumindestens in Europa ändern. Auf der EU-Konferenz „Gewalt gegen Frauen“ in Köln zu Beginn dieser Woche wurden zehn Empfehlungen zur Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen verabschiedet, die in jedem Mitgliedsland umgesetzt werden sollen. Die Veranstaltung mit rund 200 Experten bildete den Auftakt zum Europäischen Aktionsjahr gegen Gewalt gegen Frauen. Eingeladen hatten die EU-Kommission und die Bonner Ministerien für Justiz und für Frauen.

In den Empfehlungen verpflichten sich die EU-Staaten unter anderem, „ausdrückliche, effektive und klare gesetzliche Regelungen zu schaffen, die auf die sofortige Trennung von Opfer und Täter gerichtet sind“. In Deutschland, so kündigte Familienministerin Christine Bergmann (SPD) gegenüber der taz an, sollen „die Täter künftig sofort aus der Wohnung ausgewiesen werden“. Die Bundesregierung plane, noch in diesem Jahr einen „Nationalen Aktionsplan Gewalt gegen Frauen“ umzusetzen und entsprechende Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen.

Großes Vorbild für die rot- grüne Regierungskoalition in Bonn ist Österreich. Im Nachbarland muß die Polizei, wenn sie zu einem Fall häuslicher Gewalt gerufen wird, dem Gewalttäter den Schlüssel abnehmen und ihm sieben Tage lang den Zutritt zur gemeinsamen Wohnung verwehren. Das sogenannte Wegweiserecht von 1997 ermächtigt die Polizei, ohne Richterbeschluß und ohne Strafantrag des Opfers zu handeln. Im vergangenen Jahr wurden offiziellen Angaben zufolge rund 2.900 Männer auf diesem Weg aus ihrer Wohnung ausgesperrt. „Für ein kleines Land wie Österreich ist das eine erhebliche Zahl“, meint Irmingard Schewe-Gerigk, frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen. Die meisten Männer würden anschließend bei ihrer Mutter oder Freundin Beistand suchen, ergänzt sie süffisant.

In Deutschland existieren ähnliche Vorschriften, allerdings sind sie nur Experten bekannt. „Körperliche Gewalt gegen Frauen wird bis jetzt als häusliche Straftat angesehen. Die Polizei könnte den Täter also verhaften“, erklärt Rosemarie Adlerstein, Ministerialrätin im Bundesjustizministerium. Die gesetzlichen Grundlagen seien allerdings in den Vorschriften zum Schutz des Eigentums versteckt, deshalb würden sie nicht im möglichen Ausmaß angewandt. Die Juristin ist allerdings skeptisch, ob die Staatsanwaltschaft automatisch Strafanzeige gegen Gewalttäter erstatten sollte, um der Frau die Angst vor Repressionen zu nehmen, wie es zum Teil in den USA praktiziert wird. „Wir sollten die Frauen nicht entmündigen“, meint Adlerstein.

Familienministerin Bergmann und Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) geht es außerdem darum, bereits die Ursachen der grassierenden häuslichen Gewalt zu bekämpfen. Bergmann kündigte an, daß die Regierung im Rahmen des geplanten „Nationalen Aktionsplanes“ das Recht der Kinder auf gewaltfreie Erziehung gesetzlich verankern werde. „Wir können nicht auf der einen Seite ständig darüber klagen, daß die Gewalt in unserer Gesellschaft zunimmt, und gleichzeitig weggucken, wenn Eltern ihre Kinder schlagen“, stellte Bergmann gegenüber der taz klar.

Die parlamentarische Staatssekretärin im Familienministerium, Edith Niehuis (SPD), appellierte an die wenigen männlichen Konferenzteilnehmer, verstärkt sozialen Druck auf ihre schlagenden Geschlechtsgenossen auszuüben: „Die Männer müßten endlich den Mut aufbringen zu sagen, daß Gewalt nicht männlich ist.“ Diesen Ratschlag beherzigten die Schweizer bereits vor vierhundert Jahren. In St. Gallen wurden Ehemänner, die auf ihre Frauen eindroschen, mit Wirtshausverbot belegt.