Nicaraguas Saison der Straßenproteste hat begonnen

■ Etlichen sandinistischen Offizieren drohen Prozesse wegen Menschenrechtsverletzungen

San Salvador (taz) – Nach der Osterpause hat in Nicaragua die Saison der Demonstrationen und Straßenschlachten begonnen. Doch die diesjährigen könnten härter werden. Denn neben dem üblichen Thema des Haushalts der Universitäten gibt es zwei weitere Anlässe: Ein Korruptionsstreit zwischen Präsident Arnoldo Aleman und dem Rechnungshof und die Entlassung sandinistischer Offiziere aus der Armee.

Laut Verfassung müssen sechs Prozent der staatlichen Mittel unter den Hochschulen verteilt werden. Doch Aleman will den Studenten nur vier Prozent gönnen. Ende vergangener Woche gab es deshalb vor der Universität das sich alljährlich wiederholende Bild: Straßensperren, brennende Reifen, die Polizei rückt an. Elf Menschen wurden verletzt.

Dabei ist der Etat noch gar nicht durch das Parlament gegangen. Eigentlich hätte er bis zum 30. März verabschiedet werden sollen. Die liberale Parlamentsmehrheit wollte ihn ohne Diskussion verabschieden. Doch die sandinistischen Abgeordneten stürmten den Tisch des Parlamentspräsidiums.

Liberale und Sandinisten bekriegen sich an mehreren Fronten. Eine davon sind Korruptionsvorwürfe gegen Aleman. Augustin Jarquin, der Präsident des Rechnungshofs, hatte auf Betreiben der Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) festgestellt, daß sich das Vermögen des Präsidenten in seiner Zeit als Bürgermeister von Managua verzehnfacht hat.

Aleman wirft Jarquin Korruption vor. Der Korruptionsausschuß betreibt die Aufhebung der Immunität des Rechnungshofchefs.

Das letzte Streitthema ist das heikelste: Die Regierung hat angekündigt, eine ganze Reihe altgedienter Offiziere in den Ruhestand zu versetzen – viele von ihnen sandinistische Kader. Etlichen stehen Klagen wegen Menschenrechtsverletzungen zur Zeit des Contrakriegs ins Haus. Die Sandinisten haben angekündigt, Prozesse gegen sie seien ein „Spiel mit dem Feuer“. Toni Keppeler