Wohngsdeal mit gezinkten Karten

■ Merkwürdiges Geschäftsgebaren bei Wohnungsumwandlung in Eppendorf / MieterInnen wittern Scientology-Connection Von Thomas Koch

Die Kampfansage ist eindeutig, die Balkone des Altbaukomplexes Breitenfelder Straße 56-62 mit Transparenten übersäht. „Wir lassen uns nicht vertreiben“, und „Rechnet mit allem!“ ist darauf zu lesen. Seit Februar wissen die Eppendorfer MieterInnen, daß ihre Häuser an eine „Breitenfelder Straße 56-62 Immobilienverwaltung GmbH“ verkauft worden sind, die beabsichtigt, die 32 Mietwohnungen in Eigentum umzuwandeln.

Die MieterInnen befürchten, daß hinter der Umwandlung Personen aus dem Umkreis der US-PsychoSekte „Scientology“ stecken. So trat als „Bevollmächtigte“ des Käufers Anne S. auf, die zwar bestreitet, etwas mit der Sekte zu tun zu haben, in der Vergangenheit jedoch mehrfach für Firmen gearbeitet hat, die der Mieterverein zu Hamburg eindeutig zum Umfeld der „Scientology-Church“ rechnet.

Seit die Umwandlung auf Hochtouren läuft, haben die HausbewohnerInnen keine Ruhe mehr. So berichtet der Mieter Stefan F. von „nächtlichen anonymen Telefonanrufen“, durch die er sich „terrorisiert“ fühlt. Zudem stellt merkwürdiges Geschäftsgebaren der an dem Umwandlungsdeal beteiligten Firmen die Umwandlung in ein wenig seriöses Licht:

– Die Grundstücksgesellschaft „Standard Rothenbaum“, welche die Wohnungen seit April in Zeitungsinseraten anbietet und sich selbst dabei als „Makler“ anpreist, arbeitete monatelang ohne vorgeschriebene Maklerlizenz. Ihr Geschäftsführer Bernhard Riensberg räumte gegenüber der taz ein, daß die Lizenz erst „seit dem 19. Juli“ vorliegt.

– Obwohl „Standard Rothenbaum“ bis heute nicht im Handelsregister eingetragen ist, versuchte sie sich mit dem Zusatz „seit 1957“ als seriöses Traditionsunternehmen darzustellen. Tatsächlich gab es eine – inzwischen aufgelöste – Firma „Standard“, die zu diesem Zeitpunkt gegründet wurde. Kleiner Schönheitsfehler: Das Unternehmen war als Margarine-Hersteller und Importeur südländischer Früchte tätig.

– Mit Foto-Annoncen versuchte „Standard“ die Wohnungen an den Käufer zu bringen. Auch hier wurde getrickst: Die abgebildeten Fassaden zeigten mehrfach nicht das zum Verkauf stehende Objekt, sondern ein Nebenhaus.

– Mehrere Kaufinteressenten berichten, daß sie mit dem Hinweis, zwei Drittel der Wohnungen seien bereits verkauft – die meisten davon an die MieterInnen –, gedrängt wurden, sich schnell für den Erwerb einer Immobilie zu entscheiden. Stefan F.: „Eine glatte Lüge“. Nach Recherchen der MieterInnen wurden bislang nur sieben der 32 Wohnungen verscherbelt, eine einzige davon an einen Bewohner.

– Allein drei der Wohnungen wurden an einen Herrn Manfred L. verkauft. Die MieterInnen vermuten, daß es sich hierbei um „Scheinverkäufe“ handelt, die das Ziel verfolgen, sie zur Ausübung ihres zwei Monate gültigen Vorkaufsrechtes zu drängen. Merkwürdig bei dem Verkauf: Unter der Privatadresse von Manfred L. residieren die Immobilien-Gesellschaften „Objecta“ und „Implan“. Beide Firmen sind, so beweisen der taz vorliegende Unterlagen, in Immobiliengeschäfte mit dem Scientologen Götz Brase verwickelt.

– „Die potentiellen KäuferInnen werden nicht in vollem Umfang darüber informiert, in welchem maroden Zustand die Wohnungen sind“, behauptet Mieter Wolfgang B. So geht die Verkäuferin mit einem Gutachten hausieren, in dem der Sanierungsbedarf für die Fassaden- und Balkoninstandsetzung und die Herrichtung von Fenstern und Türen mit genau 256.354,44 Mark beziffert wird. Der von der Mietergemeinschaft beauftragte Ingenieur Jochen Haase kommt in seinem „Gutachten über den baulichen Zustand“ der Häuser zu einem anderen Ergebnis: Er beziffert den „Sanierungs- bzw. Instandsetzungsaufwand“ auf „ein bis zwei Millionen Mark“ für den Gesamtkomplex.

Für die MieterInnen ist ein solches Geschäftsgebaren ein deutliches Indiz dafür, „daß den Spekulanten bereits der Arsch auf Grundeis geht“. Ihr Widerstand, so glauben sie, „schrecke seriöse Käufer“ ab.

Finden sich nicht bald mehr Interessenten für die wie Sauerbier angepriesenen Wohnungen, dürfte das Spekulationsgeschäft zur Millionen-Pleite werden. Ein deutliches Zeichen für die Absatzschwierigkeiten der Immobilienhöker: Die Preisforderungen für die Eppendorfer Wohnungen wurden im vergangenen halben Jahr rapide reduziert: Nach Berechnungen der Mieter im Schnitt um 50.000 Mark.