Die Vorschau
: Kürbistrommel unter der Oberfläche

■ Die Weltmusikerin Rokia Traoré aus Mali singt am Donnerstag in Syke

Das Plattencover macht nachdenklich: Es ist so einfach, das traditionelle, blaue Kopftuch, das die dort abgebildete junge Frau aus Mali trägt, als ein textiles Bekenntnis für ein untergeordnetes Leben in der westafrikanischen Männergesellschaft mißzuverstehen. Aber dazu passen die Haltung ihres Kopfes – hoch erhoben – und der aufrührerische Glanz in den Augen nicht. „Stellt Regeln auf, so viele ihr wollt“, scheint sie auf dem Bild zu denken – „Ich machte sowieso, was ich will.“

Genau hinsehen, genau hinhören – so offenbart sich die Dualität, die den Reiz von Rokia Traoré ausmacht. Denn die junge Frau vereint Moderne, Tradition und Individualismus. Vor 25 Jahren wurde sie im westafrikanischen Mali geboren. Nun gilt sie als eine der heißesten Neuentdeckungen in der Weltmusik.

Rokia Traoré gehört zu den Musikerinnen, die souverän mit ihren Wurzeln umgehen. Auf ihrem Debutalbum „Mouneissa“ vom vergangenen Herbst überraschte sie zunächst die französische Musikszene, dann den Rest von Europa, durch geradezu spartanisch anmutende Musik. Die Liste der Gastmusiker ist zwar lang, und das CD-Booklet gibt einem schriftlich, daß hier musikalisch eine Menge passiert. Da reihen sich die vollen Töne des traditionellen Balafons an majestätische Xylophonklänge, die kleine, viersaitige Ngoni plätschert und klimpert. All diese traditionellen Elemente werden von den klaren Läufen der Gitarre zusammen gehalten. Darunter setzt die zurückhaltende Percussion – von der Standtrommel bis hin zum ausgehöhlten Kürbis – leise, sanfte Akzente.

Nur hört man diese Instrumentenvielfalt in den klugen, sparsamem Arrangements kaum heraus. Das Programm ist Traorés Stimme. Und wie sie singt, das ist untypisch: Selten mal geht sie völlig aus sich raus. Note um Note wird sorgsam, fast nachdenklich plaziert, als ginge es um Chansons und nicht um die in der Regel ausufernde, explosive westafrikanische Musik.

So brodelt es, klug zurück gemischt, unter der Oberfläche, während Traoré alle Lieder im Griff hat. Sie bestimmt die Dramatik, nimmt stellenweise bloß noch summend das Tempo aus der dynamischen Begleitung. Die junge Frau entwickelt beim singen eine fesselnde Präsenz. Dadurch hebt sie sich ab von allen Kollegen in ihrem armen Heimatland Mali, in dem nur an jungen Musikern kein Mangel herrscht. Wie sie wollte Traoré mit eigenen Songs in der Weltmusikszene des kolonialen Mutterlandes Frankreich etwas werden. Doch Traoré kann nicht nur singen und komponieren, sie hat Persönlichkeit. Glücklicherweise hat sie auch Produzenten gefunden, die das als Stärke erkannt haben und ihr diese Freiräume lassen.

Lars Reppesgaard

Konzert am 22. April ab 20 Uhr in der Kreissparkasse Syke