BVG will keine Plakate gegen Nato-Angriffe

■ Angst vor Auseinandersetzungen in U-Bahnhöfen wegen Gewerkschaftsaufruf

Die Auseinandersetzungen um die Nato-Bombardierungen in Jugoslawien beschäftigen jetzt auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Streitpunkt sind Plakate mit der Aufschrift „Nato-Angriffe sofort beenden“. Dabei handelt es sich um einen Aufruf gegen den Nato-Einsatz, der bundesweit von mehr als 3.000 und in Berlin von 200 Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern unterschrieben wurde. Doch das Vorhaben, den Aufruf fünf Tage lang an 110 U-Bahn-Werbeflächen in Neukölln und Kreuzberg aufzuhängen, stößt bei der für Werbung zuständigen BVG-Tochterfirma VVR Berek nicht auf Gegenliebe. „Bedauerlicherweise hat die VVR Berek es abgelehnt, Ihr Plakat auf den Bahnhöfen auszuhängen“, teilte die Werbeagentur „Die Werbepalette GmbH“ den Initiatoren, dem Arbeitskreis Internationalismus der IG Medien Berlin, mit. Als Begründung wird die „Befürchtung“ der BVG angeführt, daß das Thema zu Auseinandersetzungen in den U-Bahnhöfen führen könnte. „Dies soll aus Sicherheitsgründen vermieden werden“, schrieb die Werbeagentur weiter.

Die BVG weist das entschieden zurück. Pressesprecher Klaus Watzlak beruft sich auf „Platzprobleme in der U-Bahn“. Zwar wolle man keine „emotionalisierende Werbung“, so Watzlak weiter, doch das habe nicht den Ausschlag gegeben, betont er. Das sehen die Gewerkschafter anders. „Uns wurde Platz zugesichert“, sagt Jochen Gester vom Arbeitskreis Internationalismus. Erst als der Inhalt bekannt wurde, habe die VVR Abstand genommen. Die Initiatoren, die sich in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt sehen, prüfen derzeit rechtliche Schritte. Vorerst haben sie sich entschieden, auf das Ausweichangebot von Litfaßsäulen zurückzugreifen. Am Montag sollen 130 Plakate in Neukölln und Kreuzberg geklebt werden. „Wir wollen aber an unserem Anspruch mit der U-Bahn festhalten“, so Jochen Gester.

Es wäre nicht das erste Mal, daß Gerichte eingeschaltet werden. 1994 war die BVG zweimal unterlegen. Dabei handelte es sich um ein Anti-Bundeswehr-Plakat „Das lernt man bei der Bundeswehr: drohen – töten – vernichten“ der evangelischen Patmos-Gemeinde und eine Plakatserie gegen Ausländerfeindlichkeit des Berliner Ensembles mit Gedichtzeilen wie „Bimbo erbleiche, Deutschland den Italiänern“. Als die Grünen, ebenfalls 1994, mit Plakaten gegen ein Bundeswehrgelöbnis mobil machen wollten, setzte sich die BVG ohne Gerichtsentscheidung mit ihrer Ablehnung durch. B. Bollwahn de Paez Casanova