Doch! Die Laserbombe traf mitten ins Ziel

■  Chinas Botschaft in Belgrad liegt in Trümmern, weil sie für das Beschaffungsamt der jugoslawischen Armee gehalten wurde. Die Zielplanung der Nato basierte auf falschen Informationen des US-Geheimdienstes CIA

„Einen barbarischen Akt“ nennt es die chinesische Regierung, als „Vandalismus“ und als einen Bruch internationalen Rechts bezeichnete Rußlands Präsident Boris Jelzin die Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad durch US-Flugzeuge, bei dem drei Menschen getötet wurden.

Mitten im High-Tech-Krieg mit sogenannten „intelligenten Waffen“, dessen Ziel laut Pentagon allein die Zerschlagung der jugoslawischen militärischen Kapazitäten ist, trafen Nato-Bomben die Belgrader Vertretung des gegenwärtig nach Rußland wichtigsten Mitglieds im UN-Sicherheitsrat. „Es ist schwer vorstellbar, daß wir einen schlimmeren Fehler hätten machen können“, sagte ein entnervter Teilnehmer des Krisentreffens der Nato-Außenminister, die am Samstag in Brüssel tagten.

Anschließend bedauerte Nato-Generalsekretär Javier Solana diesen „schrecklichen Fehler“. Gleichzeitig bekräftigte er, daß die Nato ihre Angriffe auch auf Belgrad weiterführen und verstärken werde. „Es gibt keine Orte im ehemaligen Jugoslawien, die wir von vornherein verschonen.“

Nato-Militärsprecher Walter Jertz erläuterte, die Nato habe das Gebäude fälschlicherweise für den Sitz des Beschaffungsamts der jugoslawischen Streitkräfte gehalten. Am Sonntag fügte Jamie Shea bei einem weiteren Nato-Briefing hinzu, Agenten des US-Geheimdienstes CIA in Belgrad hätten „Fehlinformationen“ über das Gebäude geliefert. US-Verteidigungsminister William Cohen und CIA-Chef George Tenet räumten in einer gemeinsamen Erklärung ein, der ausgedehnte Prozeß, durch den Ziele der Bombardements bestimmt und überprüft werden, habe diese falsche Information nicht korrigiert. Es ist also nicht auszuschließen, daß die den Zielplanern vorliegenden Fotos von Satelliten oder Aufklärungsflugzeugen, die Karten, Geheimdienstinformationen und Abhörprotokolle so unzureichend waren, daß sie nicht über den Charakter eines großen Gebäudes im Zentrum Belgrads und die Standorte diplomatischer Vertretungen Auskunft gaben. Die chinesische Botschaft residiert schon seit mehreren Jahren in dem fünfstöckigen, zuletzt von etwa 30 Menschen bewohnten Gebäude, das von vier Bomben getroffen wurde. Das Militär-Beschaffungsamt liegt 200 Meter weiter auf der anderen Straßenseite.

Die Zielauswahl unterscheidet zwischen Objekten mit kleiner oder großer Gefahr für Unbeteiligte. Bei eindeutig militärischen Zielen liegt deren Freigabe bei Nato-Oberbefehlshaber Wesley Clark, bei Zielen in ziviler Umgebung sind bisweilen Dutzende von Personen in den USA und mehreren europäischen Staaten in die Planung einbezogen. Der Pilot erhält vor seinem Einsatz die genauen Zieldaten, mit denen seine Waffen programmiert sind. 95 Prozent der bislang eingesetzten Waffen sind per Computer, Satellit oder Laser ins Ziel gesteuert worden. Stefan Schaaf