Grüner Wahlkampfauftakt geplatzt

■ KriegsgegnerInnen sprengen Veranstaltung im Monsun-Theater

Bisher hat die Polizei sich geradezu gelassen im Hintergrund gehalten, die Helme an den Gürtel geschnallt. Jetzt aber kommt es im Veranstaltungsraum des Monsun-Theaters in Ottensen zu Rangeleien. Ein Beamter springt hinzu – und kann einen GALier gerade noch davon abhalten, einem Anti-Kriegs-Demonstranten einen Fausthieb zu versetzen.

Der Kreisverband Altona hatte für Dienstag abend eingeladen zu einer Podiumsdiskussion unter dem Titel: „Welche Hilfe braucht Ex-Jugoslawien jetzt?“ ReferentInnen waren unter anderem die grüne Europaabgeordnete Edith Müller, Gabi Müller von Seka, einem Hilfsprojekt für traumatisierte Frauen und Kinder in Kroatien, Snjezana Erdeg vom GAL-Landesvorstand und Frank Münzel, Professor in Göttingen und Vertreter der „Kosova-Initiative“. Der Abend sollte der Auftakt zum Europawahlkampf der Grünen in Hamburg werden – und endete mit drei Verletzten und einer Personalienfeststellung.

Rund 30 DemonstrantInnen waren gekommen, um die Veranstaltung zu sprengen, darunter auch ehemalige Grüne. Nachdem sie zunächst vor dem Theater protestiert hatten, haben die VeranstalterInnen sie in den Saal gelassen. Dort entrollen die KriegsgegnerInnen Transparente und stimmen Sprechchöre an: „Deutsche Grüne, deutsches Geld, morden mit in aller Welt“ – „Früher braun, heute grün-rot bringt der Welt Hunger und Tod“. Christine Müller vom Vorstand der GAL-Altona und Gatte Jo Müller, prominenter Hardcore-Realo, diskutieren aufgebracht, wie sie die Veranstaltung doch noch durchführen können. Schließlich versuchen sie, die ReferentInnen in das angrenzende Restaurant zu lotsen.

Als die DemonstrantInnen hinterherströmen, kommt es erneut zu Handgreiflichkeiten beider Seiten, Gläser gehen zu Bruch. Ein Demonstrant erleidet eine Platzwunde am Kopf, Snjezana Erdeg wird ein Finger umgebogen, ein weiterer Mann wird ebenfalls leicht verletzt, nach Polizeiangaben ein Besucher. Die Beamten bestellen einen Rettungswagen.

Die Lage beruhigt sich etwas. „Wir sind doch nicht das Auswärtige Amt“, meint Christine Müller fast verzweifelt. Draußen steht ihr Gast vom Europäischen Parlament mit den Altonaer GALiern pikiert im Hof. Sie könne zwar verstehen, daß die Gefühle hochgehen, räumt Edith Müller ein: „Aber man muß doch diskutieren.“ Nach fünf Minuten wird der Europaabgeordneten alles zuviel, und sie flüchtet in eine Ecke.

Christine und Jo Müller haben derweil heimlich die Abfahrt organisiert. Fünf Taxen fahren vor, die ReferentInnen und GALierInnen springen hinein und brausen davon. Nur Gabi Müller von Seka bleibt da und kann schließlich auch im Theater über ihr Projekt berichten. Die anderen treffen sich erst im Büro der GAL Altona, fühlen sich dort aber nicht sicher. Schließlich landen sie in einem Lokal und führen die Veranstaltung im internen Kreis beim Bier durch. Heike Dierbach