Wer klaut hier wem die Mandate?

■ GAL-Dissidentinnen in Nord bilden neue Fraktion. Wandsbeker noch unentschieden

Die Hinterbliebenen der GAL Nord bemühen sich um Schadensbegrenzung: „Die Austritte bieten auch eine Chance, wieder konstruktiver zu arbeiten“, betonte Fraktionsvorsitzende Martina Gregersen, und ihr Vertreter Knut Schümann fügte hinzu: „Personelle Engpässe wird es nur bei der Neubesetzung des Sozialausschusses geben.“ Dennoch gab es auf der gestrigen Presskonferenz viele Seufzer, lange Gesichter und auch bittere Beitöne: Vorstand und Fraktion informierten über ihre Zukunftsvorstellungen nach dem Austritt der drei Abgeordneten Andrea Krieger, Karin Gritzuhn und Angelika Traversin, die künftig eine eigene Fraktion im Bezirksparlament bilden.

Im Gegensatz zur Bürgerschaft oder zum Bezirk Bergedorf, wo sich Rest-GALierInnen und DissidentInnen in aller Freundschaft getrennt hatten, verurteilen die verbleibenden sieben GAL-Abgeordneten „aufs Schärfste“, daß die drei Abweichlerinnen ihre Mandate mitnehmen und sehen darin einen „eklatanten Mangel an demokratischem Bewußtsein.“ Krieger, Gritzuhn und Traversin kontern: „Wir setzen die Politik um, für die wir gewählt wurden.“ Ausdrücklich betonen die drei, daß auch die „sonstige politische Wende der Partei“ in der Sozial-, Wirtschafts- und Umweltpolitik zu ihrem Entschluß beigetragen habe. Auch in Hamburg sei „die Hoffnung auf eine Neugestaltung verblaßt“.

Dennoch werden die zwei Bezirksfraktionen künftig vor allem auf dem Gebiet der Sozialpolitik „weiter an einem Strang ziehen“, hofft Schümann. Mit 24 Sitzen hat die SPD/GAL-Regierungskoalition auch nach der Spaltung die absolute Mehrheit in der Bezirksversammlung. Insgesamt sind seit Kriegsbeginn in Nord 14 der rund 300 GAL-Mitglieder aus- und acht eingetreten.

Im Bezirk Wandsbek „ist mit dem Bielefelder Beschluß für 20 pazifistische und linke Grüne die Schmerzgrenze endgültig überschritten“, informierte ein „Grünes Netzwerk“ gestern. Dazu gehören Daniel Bauer aus dem Kreisvorstand sowie Brigitte Ziehlke und Walburga Brandenburg, zwei der sechs Fraktionsabgeordneten. Auch für sie gab die Kriegsfrage nur den „Ausschlag“, neben ihrer Kritik an der Wirtschafts- und Finanzpolitik, „dem Einknicken vor der Atomlobby und einer auch unter Rot-grün restriktiver werdenden Asyl- und Sozialpolitik“. Ob die Abgeordneten mit der GAL in einer „Fraktionsgemeinschaft“ bleiben oder eine eigene Fraktion bilden, ist noch nicht entschieden. Bauer ermutigte sie, ihre Mandate zu behalten: „Mandatsklau begehen diejenigen, die hier aufs Gröbste Wahlversprechen brechen, Parteigrundsätze, Grundgesetz und Völkerrecht brechen.“ Heike Dierbach