Kommentar
: Investment-Nachhilfe für Ärmere

■ Riester legt Eckpunkte einer Rentenreform vor

Das Rentensystem zu verändern ist die undankbarste Aufgabe für einen Sozialpolitiker. Zu komplex sind die Gerechtigkeitsfragen, zu empört die Lobbyisten. Sozialminister Walter Riester beweist Mut, jetzt schon mit den Eckpunkten der Rentenstrukturreform herauszukommen.

Die Bewunderung wird allerdings gedämpft durch genaues Hinsehen: Das neue Konzept ist eine Sparaktion, die strukturellen Veränderungen sind minimal. Das Wichtigste: Die Älteren müssen vom Jahr 2000 an zwei Jahre lang auf einen realen Anstieg ihrer Renten verzichten. Das ist der Unterschied zu dem Konzept von CDU-Minister Blüm: Nach dem von Blüm bevorzugten demographischen Faktor hätten vor allem spätere Renteneinsteiger, also die heute Jüngeren, die Kürzungen zu spüren bekommen. Riester stellt sich ab sofort den Angriffen der Rentnerlobby.

Die von Riester erzwungene zusätzliche „private Altersvorsorge“ ist hingegen eine rein symbolische Aktion. Riester will die Beschäftigten zwingen, ab dem Jahre 2003 fünf Jahre lang fürs Alter privat anzusparen, und zwar jedes Jahr ein halbes Prozent vom Bruttoeinkommen, und das kumulativ. Im fünften Jahr müßten dann 2,5 Prozent des Bruttolohns angelegt werden.

Wer selbst schon vorgesorgt hat – immerhin verfügt die Mehrheit der deutschen Haushalte über eine Lebensversicherung –, muß sich nicht am Zwangssparen beteiligen. Die Sparverordnung ist damit lediglich eine Art Investment-Nachhilfe für ärmere Arbeitnehmer; die aber sind nur wenig besser gegen Altersarmut gefeit, wenn sie irgendwann mal in einem Fünfjahreszeitraum ein paar Hunderter jährlich zur Bank getragen haben.

Die Mindestrente sollte die eigentliche Strukturreform sein. Wer im Alter unter den Sozialhilfesatz rutscht, hat jedoch auch nach den Plänen von Minister Riester nur wenig zu erwarten: Die geplante Mindestrente, so heißt es, läge in etwa auf der Höhe des Sozialhilfesatzes. Nur daß bei solchen MindestrentnerInnen eben nicht die Kinder zum Unterhalt herangezogen würden, wie das bei der Sozialhilfe der Fall ist.

Eine Strukturreform ist Riesters Plan noch lange nicht. Aber eine Sparaktion, die zumindest nicht unfair ist gegenüber den jüngeren Generationen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Barbara Dribbusch