Das Recht der eigenen Fäuste

■ Spekulativ und schlecht geschrieben: der S/M-Kriminalroman „Die Loge“ des Hamburger Autoren Gregor Sakow

Jeder Community ihre Krimis: Lesbische und schwule DetektivInnen haben eine große LeserInnengemeinde, und nun versucht es der Charon-Verlag, in dem das SM-Organ Schlagzeilen erscheint, mit einem Hetero-SM-Krimi. Leider hat er heftig danebengegriffen.

Auf einer SM-Fete verschwindet die Nichte einer Hamburger Senatorin. Der toughe Bulle Robert Frost wird auf die Sache angesetzt, da er sich privat in der Szene auskennt. Er stößt auf weitere Vermißtenfälle, alles rothaarige Frauen; außerdem auf eine sinistre Internet-Annonce, in der Pornos mit echten Tötungen feilgeboten werden, sowie auf einen Telefonsex-Kunden, der als Großinquisitor auftritt. Natürlich hängt das alles zusammen, und Frost wird auf eine geheimnisvolle Loge aufmerksam, die Sadomaso-Inszenierungen bis zur letzten Konsequenz verwirklicht. Leichen inklusive.

Frost – Marke City-Cowboy – der die Gerechtigkeit am liebsten in die eigenen Fäuste nimmt, ist offensichtlich irgendwie als Sympathieträger gedacht, aber das geht schief. Nicht nur, weil er – wie auch alle anderen Figuren – keine überzeugenden Konturen gewinnt. Um einen Typ, der den Körper jeder auftretenden Frauenfigur sabbernd abtaxiert und aus Eifersucht auch mal eine Vergewaltigung begeht, für einen sexistischen Macho zu halten, muß mensch keine hundertfünfzigprozentige Feministin sein. Die Wendung am Schluß, durch die der Protagonist im Umgang mit seinen Gelüsten erschüttert wird, bleibt blaß und rettet auch nichts mehr.

Die Motivationen der Logenmitglieder sind ebenfalls alles andere als überzeugend: Da ist die Frau, die lieber ein Mann wäre und darum alle Frauen haßt, und an der Spitze eine menschenhassende Kleinwüchsige, die meist als „das Bündel“ oder „die Zwergin“ bezeichnet wird. Mit dieser Groschenheftpsychologie nebst Vokabular bedient sich Sakow diskriminierender Klischees übelster Sorte.

Überdies machen jener abscheuliche Telegramm-Stil, wie ihn sonst Boulevard-Zeitungen pflegen, und die abgehackten Sätze ohne Subjekt die Lektüre zur Qual: „Er bückte sich, spulte die Kassette zurück. Tauschte aus. Setzte sich in einen der maisgelben Sessel.“ Und so weiter. Das soll wohl lakonisch und „hardboiled“ wirken, ist aber nur schlechtes Deutsch.

Jakob Michelsen

Gregor Sakow: „Die Loge“. Charon-Verlag, Hamburg 1999, 298 Seiten