Kultursenator überhört die Signale

■  Studentendorf Schlachtensee: Während die Investoren Deutsche Bank und Veba Immobilien für den Erhalt des denkmalgeschützten Ensembles plädierten, setzte Kultursenator Radunski voll auf Abriß und Geldbeschaffung

Das Land Berlin hat offenbar den geplanten Abriß des Studentendorfs Schlachtensee befördert, obwohl die Investoren Deutsche Bank AG und Veba Immobilien AG nicht an der Übernahme und Zerstörung der denkmalgeschützten Anlage interessiert waren. Wie aus zwei Schreiben der Deutschen Bank sowie der Veba Immobilien hervorgeht, hatten die Unternehmen den Senat in der Vergangenheit aufgefordert, das Ensemble mit 1.000 Studentenbuden zu erhalten. Zugleich schlugen die Investoren vor, statt der Schlachtensee-Liegenschaft ein anderes Grundstück als Tauschobjekt für den Neubau der Berlinischen Galerie in Kreuzberg auszuwählen. Beide Schreiben liegen der taz vor.

Trotz der Bedenken hat der Senat jetzt einen Vertrag ausgearbeitet, das Schlachtensee-Grundstück abzugeben. Deutsche Bank, Veba und Realprojekt sollen als Gegenleistung 23 Millionen Mark für den Bau der neuen Berlinischen Galerie auf dem Gelände der ehemaligen Schultheiss-Brauerei am Kreuzberg investieren. Zugleich sieht der Vertrag vor, daß das sanierungsbedürftige Studentenensemble von 1950 abgerissen und die frei werdenden Flächen vermarktet werden dürfen. Das Parlament will nach der Sommerpause über den Vertrag beraten.

Nach Ansicht von Rolf Breuer, Vorstandssprecher der Deutschen Bank, ist aber der „Wegfall von preisgünstigem Wohnraum für Studenten nicht vertretbar“. Deshalb habe die Bank – zu Beginn der Tauschverhandlungen Ende letzten Jahres – dem Senat zu verstehen gegeben, sie beabsichtige nicht, das Grundstück in Schlachtensee zu übernehmen. Breuer: „Wir haben signalisiert, daß das Immobil zur Finanzierung der Berlinischen Galerie nicht in Betracht kommt.“ Statt dessen setze man darauf, daß Berlin „alternative Lösungen“ zur Kompensation erarbeite.

Ebenso wie die Deutsche Bank winkte auch der Vorstand der Veba ab: Das Grundstück sei „als Austauschobjekt“ für das Projekt Berlinische Galerie angeboten worden, erklärte deren Sprecher van Arkel. „Wir können aber versichern, daß die Veba Immobilen AG nicht an einer Übernahme interessiert ist.“ Diese Entscheidung sei auch Kultursenator Peter Radunski (CDU) mitgeteilt worden.

Gegen die Abrißpläne und insbesondere gegen das Ansinnen von Radunski, den Standort aufzugeben, hat sich weiterer Widerstand formiert. „Es kann doch nicht sein“, sagte Helga Schmidt-Thomson, Vorsitzende des Deutschen Werkbunds Berlin, „daß die Berlinische Galerie gegen das Studentendorf ausgespielt werden soll.“ Es sei Aufgabe des Kultursenators, sowohl das Landesmuseum als auch die „baukünstlerischen“ Wohnanlagen in Schlachtensee zu befördern beziehungsweise zu erhalten.

Unterstützung erhält der Werkbund durch die Bauabteilung der Akademie der Künste. „Kulturell bedeutungsvolle Baudenkmäler aus der Zeit der 50er Jahre“, sagte Gunter Nagel , Direktor der Abteilung, dürften nicht zerstört und zur „Geldbeschaffung“ an private Bauträger verkauft werden. Nagel widersprach der Kulturverwaltung und dem Studentenwerk, das Wohnheim sei zu teuer in seiner Unterhaltung und sanierungsunwürdig. Eine fachgerechte Modernisierung sei vielmehr möglich.

Der „Freundeskreis des Studentendorfes“ plant nun, gemeinsam mit Architekten ein Sanierungs- und Finanzierungskonzept vorzulegen, und will einen Ersatzstandort für die Investoren vorschlagen. Rolf Lautenschläger