Buchtip

Im Jahre 1978 beschließt der Referendar Stefan Loose, den Weg ins Beamtenverhältnis abzubrechen. Der Marsch durch die Institutionen erweist sich als zäher denn angenommen. Die weite Welt ist sowieso interessanter als die begrenzte Welt der Schule. Insbesondere eine Ecke: Südostasien. Dort ist er lange herumgereist – wie viele seiner Generation. Und sie haben alle dasselbe Problem. Vernünftige Tips, wie man am besten durchkommt, finden sich in keinem Buch. Die werden nur von Mund zu Mund weitergegeben.

Was es noch nicht gibt, muß man eben machen. So entsteht im Jahre 1978 das erste Südostasien Handbuch, im Selbstverlag. Die Aufmachung entspricht nicht den heutigen Ansprüchen. Geschrieben mit einer mechanischen Schreibmaschine, die Überschriften von Hand gemalt – und nicht eben schön –die Infokästen freihändig umrandet. Keiner sollte dem Verdacht erliegen, das Buch käme aus dem Establishment.

Mittlerweile ist der Verlag über zwanzig Jahre alt und hat viele weitere Reiseführer im Programm. Das Südostasien Handbuch gibt es immer noch, in 11. Auflage und stark veränderter Form. Das Layout ist professioneller geworden und glatter.

Die Zielgruppe hat sich verändert. Nicht mehr die „Traveller“ mit einem Jahr Zeit sind angesprochen – die sind nach Looses Meinung ohnehin im Aussterben begriffen. Statt dessen „Individualtouristen“, die ihren vierwöchigen Jahresurlaub in eigener Regie verbringen wollen.

Die Fernreisenden haben mehr Geld und weniger Zeit. Sie wollen sich nicht mehr durchkämpfen, sie wollen Spaß haben und etwas erleben. Wo der typische Traveller der siebziger Jahre den Ehrgeiz hatte, möglichst billig möglichst weit zu kommen, sucht sich der Individualtourist der Neunziger ein kleineres Gebiet und hat keine Probleme, sein Geld auszugeben, wenn es sich lohnt. Wo und wie er das tun kann, steht im Handbuch – auf über 800 Seiten.

Was auf den ersten Blick eher an ein Telefonbuch erinnert denn an einen Reiseführer – eine Adresse folgt der anderen –, erweist sich als nützliche Handreichung für den Individualtouristen. Die umfangreichen und detaillierten Informationen über Preis und Qualität unzähliger Unterkünfte, Bars, Restaurants u. ä., über die Fahrzeiten der Busse, die Standorte von Banken und vieles mehr fordern die Reisenden heraus, selbst weiter zu recherchieren – was sie auch tun. Leserbriefe von zwanzig bis dreißig Seiten Länge sind keine Seltenheit. Die Deutschen sind eben ein ordentliches Volk.

Wer an ausführlichen Berichten zu Kultur und Geschichte der Region interessiert ist, muß anderswo suchen. Aber wer sich in der Lage sieht, seine Erfahrungen selbst zu machen, wenn er nur weiß wo, für den ist der Band ideal. Martin Hager

Stefan Loose (Hg.): „Südostasien Handbuch“. Stefan Loose Verlag, Berlin 1998, 820 S., 44,80 DM