Schröder verordnet Debatten-Tempolimit

■  Im Streit um den Ausverkauf von Idealen und die soziale Gerechtigkeit mahnt der Kanzler Kritiker zu Parteidisziplin. Vermögensteuer lehnt er ab, ihre Einführung will er schlitzohrig den Ländern überlassen

Berlin (taz/dpa/AFP/rtr) – Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am Wochenende versucht, die Debatte um das Sparpaket der Bundesregierung zu stoppen. Gleichzeitig hat er den Kritikern aus der eigenen Partei neue Nahrung geliefert. Die Diskussion um die Details des Sparprogramms sei gefährlich, sagte Schröder im Spiegel. Dadurch könne die Unsicherheit, ob die Regierung ihre Vorhaben durchsetze, größer werden. „Manch einer vom linken Flügel der Partei wird noch begreifen müssen, dass diese Form der Auseinandersetzung weder seinem Ziel hilft noch der Gesamtpartei“, meinte Schröder. Die Partei müsse das Paket mittragen. „Ich kann jeden nur davor warnen auszubüxen.“

Mit der Warnung bezog sich Schröder vor allem auf SPD-Ministerpräsidenten, denen Landtagswahlen bevorstehen. Von ihnen war Kritik am Rentenkonzept und der Steuerreform laut geworden. Schröder lehnt grundsätzlich die vom saarländischen Ministerpräsidenten Reinhard Klimmt geforderte Vermögensteuer nach wie vor ab. Allerdings: Wenn die Länder sich auf eine solche Steuer einigten oder einzelne sie in Eigenregie erhöben, habe er nichts dagegen. Dies solle aber in der Kompetenz der Länder liegen, denen ja auch die Einnahmen zuflössen.

Während sich Klimmt immerhin noch freut, „dass die Vermögensteuer von Schröder durchaus als legitimes politisches Thema anerkannt worden ist“, lehnen seine Ministerpräsidentenkollegen und Parteifreunde Wolfgang Clement (Nordrhein-Westfalen) und Kurt Beck (Rheinland-Pfalz) ein solches steuerpolitisches Instrument ebenso strikt ab wie einen Konkurrenzkampf der Länder untereinander um Einführung oder Nichteinführung. Den Vorschlag, die Verantwortung den Ländern zu übertragen, durchschaut auch Klimmt: Das will er nicht.

In die Steuerdebatte schaltete sich am Wochenende auch der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, ein. Er forderte im Spiegel, nach der nächsten Bundestagswahl ein wesentlich vereinfachtes Steuersystem mit höchstens drei Steuersätzen einzuführen: „15, 25 und 35 Prozent – und dann Schluss.“ Im Gegenzug sollten alle Freibeträge und Verlustzuweisungen abgeschafft werden.

Um seine Truppe besser zusammenhalten zu können, will Schröder Verkehrsminister Franz Müntefering besondere Verantwortung für die „innere Organisation“ der Partei übertragen. Damit will er verhindern, „dass sich die Partei vernachlässigt fühlt“.

Damit reagierte Schröder auch auf den Weggang von Oskar Lafontaine, der bis März den linken Parteiflügel integriert hatte. Schröder bekannte, dass ihn die Beziehung zu Lafontaine „unfreier“ gemacht habe. Er habe sich aus Loyalität auf Kompromisse eingelassen, „die man besser nicht gemacht hätte“. juw

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