■ Mit der Staudammkommission auf du und du
: Für und wider Dämme

São Paulo (taz) – „Wir wollen einen Weg aus der verfahrenen Staudammdebatte weisen“, meint Achim Steiner, Generalsekretär der „World Commission on Dams“ (WCD) mit Sitz in Südafrika. Der Ökonom und ehemalige GTZ-Experte sieht die Aufgabe der 12-köpfigen Kommission darin, die „verschiedenen Seiten in einen Arbeitsprozess zu bringen.“ Im Februar 1998 wurde die Kommission nach langen Diskussionen gegründet. Sowohl die Weltbank, zu Boomzeiten Hauptfinancier hunderter großer Dämme, als auch staudammkritische NGOs unterstützten die Gründung.

Das Gremium ist ausgewogen besetzt: Geführt wird es vom südafrikanischen Ökologen und Erziehungsminister Kader Asmal, die prominenteste Aktivistin ist die kürzlich im indischen Narmadatal verhaftete Medha Patkar. Die Gegenseite hat erfahrene Akademiker, Technokraten und Industrielle aufgeboten wie Gören Lindahl vom Multi Asea Brown Boveri (ABB). Unter den 34 Geldgebern aus Industrie, Regierungen und Zivilgesellschaft befinden sich Siemens, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und diverse Umweltorganisationen wie der World Wide Fund for Nature (WWF). Im Juni 2000 will die WCD ihren Endbericht vorlegen. Enthalten soll er eine umfassende Bewertung der „Entwicklungseffektivität“ von existierenden Staudämmen, ob sie also wirklich in armen Staaten eine wirtschaftlich positive Entwicklung einleiten, und „international akzeptable“ Richtlinien für zukünftige Bauten.

Natürlich verfolgen die Kontrahenten innerhalb und außerhalb der WCD nach wie vor entgegengesetzte Ziele: Die einen wollen eine in der Praxis alles andere als nachhaltige Technologie ins 21. Jahrhundert retten, die anderen streben einen raschen Übergang zu erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarkraft an. Zudem werden die WCD-Richtlinien rein empfehlenden Charakters sein. Und da die Bedeutung multilateraler Geldgeber sinkt, wird die Durchsetzung von Sozial- und Umweltstandards auch hier schwieriger.

Die AktivistInnen aus den Ländern des Südens erwarten von der WCD keine Wunderdinge. Doch ein offener, argumentativer Schlagabtausch wie in São Paulo bedeutet ein Stückchen neugewonnener Streitkultur, die für die zukünftigen Auseinandersetzungen nur hilfreich sein kann. G. Dilger