■ Osttimor: Großbritannien liefert Waffen an Indonesien
: Die doppelte Moral des Robin Cook

Hochrangige indonesische Offiziere dürfen den größten britischen Waffenbasar nicht besuchen, der in der nächsten Woche stattfindet. Das britische Verteidigungsministerium hat auf Druck des Außenministers Robin Cook in letzter Minute seine Einladung zurückgezogen. Die Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Lady Symons, monierte zwar, Indonesien habe das Recht, Rüstungsgeräte „zu Verteidigungszwecken“ zu begutachten, doch Cook argumentierte, dies würde derzeit die Peinlichkeitsgrenze überschreiten.

So weit, so gut. Aber hat Cooks Intervention etwas mit der „ethischen Dimension“ seiner Außenpolitik zu tun? 1996/97, zu Tory-Zeiten, hatte Großbritannien für hundert Millionen Pfund Rüstungsgüter an Indonesien verkauft, darunter 23 Panzerfahrzeuge und vier Hawk-Kampfflugzeuge. Weitere 16 Hawks werden dieses Jahr geliefert. Cook behauptet, die Labour-Regierung könne von diesen Verträgen nicht zurücktreten. Regierungsanwälte bestreiten dies.

In Wahrheit will Cook keineswegs von irgendwelchen Rüstungsverträgen zurücktreten. Warum sonst hat die Labour-Regierung im letzten Jahr 64 neue Waffenexporte nach Indonesien genehmigt?

Labours Exportpolitik hat Tradition: 1965 hatte Harold Wilsons Regierung den prowestlichen General Suharto ausgerüstet. Bei dessen Putsch kamen eine Million Indonesier ums Leben. Man müsse sich ein Stück vom Kuchen sichern, sagte Außenminister Michael Stewart damals. Darin unterscheiden sich „Old Labour“ und „New Labour“ nicht, Robin Cook ist der politische Enkel Michael Stewarts. So muss man in den meisten Teilen der Welt nach wie vor direkt mit den Folgen der Außenpolitik Londons leben, auch wenn sie sich heute „ethisch“ nennt: Britannien ist zweitgrößter Rüstungsexporteur der Welt, und das einzige Prinzip dieses Geschäfts lautet: Wer das Geld hat, bekommt die Ware.

Der Observer zitierte neulich aus einem Artikel, der 1978 im New Statesman abgedruckt war. Der junge Autor war besonders erbost über den „beunruhigenden Verkauf von Militärflugzeugen an Indonesien“. Er schloss mit den Worten: „Labour hat uns in diesen schmutzigen Handel hineingezogen. Es wäre besser, wenn Labour die ersten Schritte einleiten würde, um uns dort wieder herauszuholen.“ Robin Cook, Autor dieser Zeilen, hat natürlich das Recht, seine Meinung zu ändern. Aber noch vor wenigen Jahren, als Labour in der Opposition war, verdammte er die Tories in Grund und Boden, weil sie behaupteten, britische Waffenexporte würden niemals gegen das indonesische Volk eingesetzt. Kaum im Amt, gelangte Cook zu der Überzeugung, dass die Tories damals Recht hatten – und das, obwohl selbst indonesische Militärs zugeben, dass sie britische Waffen gegen Studenten und in Osttimor eingesetzt haben. Wenn Cook das noch immer abstreitet, lügt er.

Und er ist nicht der Einzige: Lady Symons, die so gerne die indonesischen Militärs beim britischen Waffenbasar empfangen hätte, behauptet: „Wir verkaufen keine Waffen, die für interne Repressionen benutzt werden können.“ Ist der Wasserwerfer plötzlich verstopft, wenn er gegen indonesische Studenten gerichtet ist? Kommt aus den Gewehren Blütenstaub, wenn man auf Osttimoresen zielt?

Natürlich wäre es Blair & Cook lieber, wenn sie in aller Ruhe ihre Waffen verkaufen könnten und das mörderische Gerät in fernen Landen vor sich hinrosten würde. Aber die Welt ist nicht so. Solange die britischen Waffenexporte allein nach geschäftlichen Prinzipien ausgerichtet sind, so lange ist das Wehklagen über Massaker wie in Osttimor nichts als Heuchelei. An Blairs und Cooks Händen klebt Blut. Das Mindeste, was man von ihnen verlangen kann, ist, dass sie in Bezug auf Osttimor jetzt wenigstens ihren Mund halten. Ralf Sotscheck