■ Arbeitsminister Riester will private Rentenvorsorge prämieren
: Gedämpfte Bewunderung

Der Vorschlag hat Charme: Eine private Zwangsrente wird es nicht geben. Stattdessen will Bundesarbeitsminister Walter Riester Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen einen staatlichen Zuschuss zur Eigenvorsorge gewähren. Das freut, denn Menschen, die weniger als 60.000 Mark brutto im Jahr verdienen, sind nicht ohne weiteres in der Lage, privat für ihr Alter vorzusorgen. Ihnen muss der Staat unter die Arme greifen – zumal die Perspektive für einkommensschwache Rentner von morgen im staatlichen Rentensystem nicht eben rosig sind.

Riester platziert seine Idee taktisch geschickt. Vor vier Wochen hatte er es sich auch mit seinen Freunden aus der eigenen Partei verscherzt, als er sagte, in den kommenden beiden Jahren werde die Rente nicht steigen. Nun dürften seine Kritiker eher bereit sein, die unvermeidlichen Einschnitte zur Sicherung des gesetzlichen Rentensystems zu schlucken. Denn notwendigerweise will Riester das Rentensystem auf ein zweites, privates Gleis setzen. Die Prämie soll dem Einzelnen sagen: Der Staat lässt dich nicht allein im System der Privatvorsorge.

Ganz nebenbei hat Riester damit aber von der Idee der Zwangsrente auch Abschied genommen. Über fünf Jahre sollten die Beschäftigten ein halbes Prozent ihres Einkommens für eine Vorsorge anlegen – ausgenommen diejenigen, die schon eine Lebensversicherung haben. Da die Mehrheit der Haushalte bereits damit versorgt ist, hatte der Plan ohnehin nur symbolischen Wert.

Das neue Projekt des Arbeitsministers ist da schon ausgereifter. Und politisch ließe sich auch der ein oder andere Kampfbegriff der alten Sozialdemokratie daraus ableiten. Etwa in der Form, dass die SPD die „Partei der kleinen Leute“ sei. Die Einkommensgrenze zeigt, dass jeder, der darüber liegt, die besondere Fürsorge des Staates nicht nötig hat. Die Abgrenzung zu den Besserverdienenden dürfte den Traditionsbewussten in der SPD ausreichen, den heruntergewirtschafteten Begriff der „sozialen Gerechtigkeit“ zu liften. Die Grenze zwischen Oben und Unten wird mit dem neuen Vorschlag wieder ein bisschen deutlicher.

Auf den ersten Blick gefällt Riesters Vorschlag allen: Zwar spenden die Gewerkschaften nicht gerade stehend Applaus, aber dafür fallen die Dauerkritiker von der CDU nicht über Riester her. Trotzdem: Die Bewunderung ist gedämpft. Denn Walter Riester hat die wichtigste Frage noch nicht beantwortet: Wer soll das bezahlen? Annette Rogalla