Deprimierend sichere Frau

■  Markus Imbodens Fernsehfilm „Ich habe Nein gesagt“ verhandelt das Thema Vergewaltigung in der Ehe. Martina Gedecks Rolle als Opfer geriet darin unglaubwürdig beherzt (20.15 Uhr, ZDF)

Doris arbeitet als Verkäuferin in einem Drogeriemarkt. Nicht gerade ihr Traumjob. An einem freien Nachmittag spricht sie bei einer Schauspieltruppe vor und wird angenommen. Ihr Ehemann Werner (Jörg Schüttauf) ist als Fußballtrainer erfolgreich. Seine romantischen Qualitäten sind nicht sonderlich ausgebildet. Doch Werner liebt seine Familie, ist „scharf auf seine Frau“ und trägt das Geld nicht in die Kneipe. Dieser Mann hat einen schlichten Traum: eine Frau, die ihn ebenfalls liebt, die Ordnung hält und auch mal Kuchen backt.

Doris (Martina Gedeck) hingegen will mehr sein als Werners Anhang. Ihr Traum geht ins Weite, sogar Hollywoodhafte. Rosen, Kerzen, Zärtlichkeit. Schlimm ist, dass Werners und Doris' Traum nicht mehr zueinander passen. Schlimm ist auch, dass Werner zwar seine Wut ausdrücken kann, nicht aber seine Liebe zu Doris. Wenn Werner wütend ist, schlägt er zu. Am Anfang war alles anders. Vor lauter Verliebtheit hat Doris sich nur um Werner gekümmert – jetzt erinnert sie sich wieder an ihre Wünsche.

Sorge, Verletzung und Wut werden kaum sichtbar

„Ich habe Nein gesagt“ ist ein Fernsehfilm über Vergewaltigung in der Ehe, und es ist kein guter. Obwohl alle Seiten sehr ausgewogen abgehandelt werden, die Sehnsüchte der Frau und ihre Ausbruchsversuche, die Sprachlosigkeit des Mannes, das Unglück des gemeinsamen Kindes und das Schwanken von Doris' konservativer Mutter. Als Doris erstmals mit einem blauen Auge bei ihr auftaucht, fragt die Mutter, was ihre Tochter denn schon wieder falsch gemacht habe in der Ehe. Drehbuchautorin Annemarie Schoenle und Regisseur Markus Imboden bemühen sich deutlich um Komplexität bei der Behandlung eines sensiblen Themas.

Doch „Ich habe Nein gesagt“ ist kein Fernsehfilm, sondern ein Lehrstück. Diese Missgestaltung hängt vor allem an den Dialogen. Als Doris von einem Seitensprung nach Hause zurückkehrt, fällt Werner brutal über sie her. Immer taten ihm seine „Ausrutscher“ hinterher leid; man kennt solche Männer. Sie wollen sich ändern, tun es aber nicht. Doris reagiert hingegen beispielhaft – und unglaubwürdig. Sofort dokumentiert sie die durch die Vergewaltigung erlittenen Verletzungen; sofort hat sie ausgezeichnete Argumente gegenüber Rechtsanwalt und Polizei parat. Diese Frau ist so ungeheuer sicher – es deprimiert einen direkt. Ein kurzes Schwanken angesichts der Einschüchterungsversuche von Werners Fußballfreunden wird von der Regie schnell weggewischt. Dass hier Gefühle Kopf stehen, Angst, Sorge, Verletzung, Wut toben, wird kaum sichtbar.

Diskursangebote statt dramatischer Gestaltung

Das hat Folgen, nicht für die Geschichte, deren Widerlich- und Unrechtmäßigkeit unbestritten ist, aber für ihre Darstellung. Moral und Justiz wurden vom Filmteam allzu offensichtlich als Diskursangebot, nicht aber als Aspekte verstanden, die dramatisch gestaltet werden müssen. Denn Doris wird vom Film nicht als Figur, sondern als eine Art Ermutigungsmodell behandelt. Das ist zwar schön, aber als reine Ideologie auch respektlos gegenüber Frauen, die (jenseits der Kamera) eine Vergewaltigung weniger beherzt verarbeiten. Anke Westphal