Krachmacher aus Tradition

■ Die Vorschau: In Extremo rocken Mittelalter-Mosh-Pit-Mix

„Unsere Wurzeln liegen im Mittelalter, dieser eckigen Zeit, als die Kirche allerorts präsent war und auf den Bühnen um so kräftiger gefeiert wurde, denn morgen könnte alles vorbei sein“, sagt ein Berliner Gitarrist um die 30, der sich allen Ernstes Thomas der Münzer nennt. In die Saiten greift der Münzer für In Extremo – eine Band für Leute, die Rockmusik und MittelalterMärkte mögen.

Und das sind überraschend viele, wie die Verkaufszahlen der wohl berühmtesten deutschen Gaukel- und Rocker-Kombo nach Subway to Sally zeigen. In Extremos zweites Album „Verehrt und Angespien“ geht weg wie geschnittenes Brot. Dabei haben die Berliner erst vor einem Jahr – mit dem Erscheinen ihres Debütalbums – begonnen, Mittelaltermärkte und MetalFestivals zu bespielen.

Kein Zweifel: Der Mix aus Mystik, Metal und markigem Deutschgesang hat Konjunktur. Immer mehr Kids, denen Rammstein zu doof oder zu brachial sind, suchen nach einfallsreicheren Bands und landen bei den Mittelalter-Rockern. Mit dem Dudelsack oder der Nyckelharpa erkunden In Extremo Klanglandschaften, die bislang kaum jemand in der Rock-Szene bereiste.

Manche Stücke sind Adaptionen von alten Ritter-Schinken, bei denen man aber nicht auf eine möglichst originalgetreue Umsetzung achtet, sondern lieber voll in die Saiten haut. Mit kitschiger Robin-Hood-Verehrung hat das nichts zu tun, sagt der Münzer. Die Truppe aus dem Prenzlauer Berg stehe vielmehr in einer jahrhundertealten Krachmachertradition: „Die Spielmänner mit ihren Sackpfeifen und Schalmeien waren das lauteste, was es zu der Zeit gab.“

Die Ergebnisse dieser musikalischen Mischpoke sind durchaus hörenswert – vorausgesetzt, man hat Herz für Kitsch und Pomp. Wenn die Sisters Of Mercy der moderne Düstersound der 80er waren, sind In Extremo klanglich die logische Fortsetzung für die harten, noch seelenloseren 90er. Dass auf diesen Sound allerdings auch viele heidnisch-durchgeknallte Rechte abfahren, ist auch In Extremo nicht verborgen geblieben. Deshalb stellt Thomas klar: „Wir haben damit überhaupt nichts zu tun. Wir singen auf Deutsch, aber auch auf Schwedisch, auf Alt-Spanisch,. Deutschtümelnde Romantiker haben da hoffentlich wenig Spaß.“ L.R.

Sonntag, 10.10., 20 Uhr, Modernes