Abstrakter Tanz der Textilien

■ Zwischen Offenlegung und Verhüllung: Eine Gruppenschau im Schloss Agathenburg bei Stade verstrickt Kunst und Mode

Das Alltagsphänomen Mode in den 90er Jahren zum beliebten Ausstellungsthema avanciert – Mode ist sinnigerweise voll in Mode. Einen kleinen, nationalen Beitrag zum internationalen Boom gibt es jetzt im Schloss Agathenburg bei Stade zu sehen. Hüllen – Verstrickungen zwischen Kunst und Mode lautet der Titel der von Andrea Klier kuratierten Gruppenausstellung mit zwölf Teilnehmern. Gezeigt werden Installationen, Objekte, Fotos und Filme, und zwar sowohl von Produzierenden aus dem Bereich Modedesign als auch von Künstlerinnen und Künstlern, die sich inhaltlich mit dem Thema befassen.

Eine wollene Gebärmutter empfängt den Besucher im oberen Saal. Ähnlich wie mit ihren gestrickten Körperanzügen inklusive Geschlechtsmerkmalen – wahlweise männlich, weiblich oder beides – verschiebt die Hamburger Künstlerin Beate-Maria Schäfer die Frage, was Mode verhüllt und was sie zeigt, auf den darunterliegenden Körper und kennzeichnet ihn damit als eine weitere Hülle, die offenlegt und verbirgt. Demgegenüber inszeniert Andreas Exner das Spannungsverhältnis zwischen außen und innen vergleichsweise formal. Seine Röcke, Jacken oder auch Unterhosen, denen durch in die Öffnungen eingesetzte Stoffteile ihre Funktionsfähigkeit genommen ist, schwanken zwischen flächiger Bildhaftigkeit und aufgeblasener Fülle – je nachdem, ob an der Wand oder freischwebend präsentiert. Gehängt verweisen sie auf Materialität und Oberflächenfunktion der Leinwand in der Malerei. Auch Gudrun Teich zeigt in ihrem Video „In Schale geworfen“ Kleider ohne den sie ausfüllenden Körper. Die fehlenden Trägerinnen machen aus den Aufnahmen einer gewöhnlichen Pret-à-porter-Schau einen effektvoll inszenierten, abstrakten Tanz der Textilien.

Britta Peters

„Hüllen – Verstrickungen zwischen Kunst und Mode“, bis 17. Oktober, Di - Sa 14 - 18, So 10 - 18 Uhr, zur Ausstellung ist ein Postkarten-Folder erschienen