Homo heights

Ab heute: die 10. lesbisch-schwulen Filmtage  ■ Von Jakob Michelsen

Kaum dass Hamburgs CineastInnen sich vom Filmfest erholt haben, wird heute im Metropolis das nächste Großereignis eröffnet: Die 10. Lesbisch-Schwulen Filmtage beginnen mit den ersten Beiträgen zum traditionellen Kurzfilm-Wettbewerb „Ursula“. Für die insgesamt etwa 100 Filme rechnen die VeranstalterInnen vom Trägerverein Querbild e.V. mit 7000 ZuschauerInnen. Neben diversen neuen Produktionen gibts unter anderem eine Reihe mit lesbischen Vampirfilmen und einen Vortrag über Homosexualität in der Science-Fiction-Kultserie Star Trek.

Alles begann 1989/90 mit einem autonomen Uni-Seminar über Homosexualität im Film. Die StudentInnen ärgerten sich über die Klischees, die ihnen auf der Leinwand geboten wurden: Teuflische Lesben, psychopathische Schwule, und allesamt sind sie unglücklich und müssen am Ende meist sterben. „Wir parodierten diese Klischees in einem Videofilm mit dem Titel Keine Chance für die Liebe und zeigten ihn im Metropolis“, erinnert sich Dorothée von Diepenbroick, eine der GründerInnen der Filmtage und bis 1998 kontinuierlich dabei. „Danach fragte uns Metropolis-Leiter Heiner Ross, ob wir nicht Lust hätten, eine kleine lesbisch-schwule Filmreihe zu machen.“

Aus dem familiären Ereignis wurde eine professionell organisierte Großveranstaltung. Das Filmangebot hat sich parallel zur Situation von Lesben und Schwulen verändert. „Inzwischen sind Schwule als positive Emotionsträger Mode geworden“, so von Diepenbroick. „Es wird mehr für den Markt produziert, darunter auch allerhand Schrott.“ Ronald Behm, seit fünf Jahren im Festivalteam, stellt fest, dass Verleiher immer mehr Homo-Filme ins Programm nehmen, zumal solche, die auch heterotauglich sind à la Der bewegte Mann.

Wenn Schwule und Lesben – vor allem erstere – zunehmend Teil des Mainstreams werden, wozu dann noch eigene Festivals? Zum Beispiel, um neben netten Coming-Out-Geschichten und Beziehungskomödien die ganze Bandbreite jenseits heterosexueller Normalität und mannmännlichem Körperkult vorzustellen. Die MacherInnen von Querbild legen Wert darauf, neben leicht verdaulichen Spielfilmen auch Independent- und Underground-Produktionen ein Forum zu bieten und warten jedes Jahr mit seltenen historischen Ausgrabungen auf. Ronald Behm: „Außerdem wollen wir die Filme nicht nur abspulen; wichtig ist auch das Rahmenprogramm.“ Seit jeher sind Vorträge, Workshops und Themenreihen ein nicht wegzudenkender Bestandteil .

Der CineastInnen-Treff ist eines der wenigen gesellschaftlichen Ereignisse in Hamburg, wo Lesben und Schwule zusammentreffen. Von Diepenbroick berichtet, dass zwar weit überwiegend Schwule in Schwulenfilme und Lesben in Lesbenfilme gehen; aber bei einigen werde doch Interesse für die jeweils andere Seite geweckt, „und das freut mich dann immer besonders.“Nicht kommerziell orientierte Strukturen wie diese geraten zunehmend unter den Druck knapper Kassen und der Konkurrenz durch kommerzielle Festivals, die Hamburg allerdings bisher nicht erreicht haben. Seit einigen Jahren werden im Programm gezielt ein paar Blockbuster platziert, um weniger massenwirksame Veranstaltungen zu finanzieren. Weitere Geldquellen sind Benefiz-Partys, SponsorInnen und Zuschüsse der Kulturbehörde.

Die schwule und lesbische Filmgemeinde dürfte wieder anregenden und unterhaltsamen Tagen entgegensehen und nach dem Kinogang in der schon fast legendären Nachtbar mit FestivalmacherInnen und Filmschaffenden abfeiern.

Eröffnung heute, 20 Uhr, Metropolis. Die Nachtbar ist diesmal im „Blauen Haus“, Fischmarkt 18.