Rente hü und Rente hott

■ Sicher ist nur das Dementi. Intern sucht die Regierung nach einem Rentenkompromiss. Riester leugnet prompt. CDU: Kasperletheater

Berlin (taz) – Alles soll so bleiben wie besprochen: In den kommenden beiden Jahren wird die Rente jeweils nur in Höhe eines Inflationsausgleichs angehoben. Dies noch einmal zu sagen fühlte sich das Bundeskanzleramt gestern verpflichtet. Und Arbeitsminister Walter Riester (SPD) fügte hinzu: „Es gibt keinen Grund von diesem Weg abzuweichen.“ Offiziell ist alles im Lot.

Intern aber suchen Kanzleramt und Arbeitsministerium händeringend nach einer neuen Richtung in der Rentenpolitik. Gestern zitierte das Handelsblatt aus einem „absolut vertraulichen“ Papier, wonach der Arbeitsminister den Bundeskanzler aufgefordert haben soll, den Plan aufzugeben, die Rente nur der Inflationsrate anzupassen. Ziel sei es, den Streit um die Rente rechtzeitig vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NRW im Februar und Mai nächsten Jahres zu entschärfen. Gleichzeitig sollen der Union Gespräche zum Thema angeboten werden. Die Strategen raten, Schröder persönlich solle den Schwenk in der Rentenpolitik vorantreiben. Als interne Verhandlungslinie“ werde vorgeschlagen, die Rente im kommenden Jahr um 1,7 statt um 0,7 Prozent ansteigen zu lassen. Das entspricht genau den Forderungen, die der DGB aufgestellt hat. Ein solcher Kompromiss würde zwar von den Zielen des Sparpakets abweichen, dies sei aber der „fiskalische Preis für einen politischen Erfolg an der Rentenfront“, heißt es in dem Papier.

Nun ist es öffentlich und die Blamage groß. Der Arbeitsminister verschanzt sich hinter dürftigen Presseerklärungen, in der SPD mag niemand etwas sagen. Es gebe keine Grundlage für einen Kommentar, ließ ihre Sozialexpertin Ulla Schmidt gestern ausrichten. Die Rentenexpertin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, meint, „man soll nicht über Details diskutieren“. Von dem Strategietreffen zwischen Bundeskanzleramt und Arbeitsministerium habe sie nicht gewusst. DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer findet, Riester sei auf dem richtigen Weg, durch das Dementi der Regierung würde sich die „Situation aber immer mehr verhärten“. Jedem abstrusen Vorschlag sei jetzt Tür und Tor geöffnet. Julius Louven, Sozialexperte der CDU, findet, das alles sei ein „Kasperletheater“, aber zu Gesprächen sei er jederzeit bereit. Annette Rogalla