Wende im Angola-Krieg

■ Regierung erobert Hochburgen der Unita. Die könnte nun die Hauptstadt angreifen

Johannesburg (taz) – Im Bürgerkrieg in Angola ist eine Wende eingetreten. Den Regierungstruppen ist es gelungen, das Hauptquartier der Unita-Rebellen in Bailundo und die benachbarte Stadt Andulo im zentralangolanischen Hochland einzunehmen. Nach entsprechenden Erklärungen der Regierung und passenden Bildern im staatlichen Fernsehen hat das jetzt auch die Unita zugegeben. Wie ein Sprecher der Rebellen am Wochenende sagte, habe man sich „strategisch und ohne Verluste“ aus Andulo und Bailundo sowie zwei weiteren Städten in der Nähe zurückgezogen.

Zwar kann die Regierung, die seit Monaten eine Großoffensive gegen die Unita angekündigt hatte, damit erstmals einen wichtigen militärischen Erfolg verbuchen, und Unita muss vor allem psychologisch eine empfindliche Schlappe hinnehmen. Die Aussichten auf ein rasches Ende des Krieges allerdings sind weiterhin schlecht. Denn nicht nur die Unita kündigte prompt an, den Kampf zu intensivieren. „Wir werden diesen Krieg fortsetzen, wir haben die Mittel dazu, und das Volk ist auf unserer Seite“, drohte Unita-Sprecher Alcides Sakala in Luanda. „Wir werden diesen Krieg noch viele Jahre lang führen.“

Zwar wird die angebliche Unterstützung des Volkes in den von der Welt abgeschnittenen Unita-Gebieten vor allem mittels Terror erzwungen, die militärischen und finanziellen Mittel für einen jahrelangen Krieg aber hat Unita-Führer Jonas Savimbi zweifellos. Zugleich gibt es bisher keinerlei Anzeichen dafür, dass Angolas Staatschef Eduardo Dos Santos bereit wäre, auf Grund einer neuen Position der Stärke mit Savimbi zu verhandeln. In den vergangenen Monaten hatte er stets betont, dass er mit einem Kriegsverbrecher nichts zu reden habe und es mit Savimbi keine friedliche Lösung für Angola geben könne.

Doch könnte sich die Hoffnung der Regierung, ein für allemal mit dem Erzfeind aufzuräumen, gerade jetzt als trügerisch erweisen. Noch immer hat die Unita weit mehr als die Hälfte des Landes unter Kontrolle, und die jetzt beginnende Regenzeit begünstigt die Guerillataktik der Rebellen.

„Die Regierung wird jetzt erst recht nicht verhandeln“, glaubt Jakkie Potgieter vom südafrikanischen Institut für Sicherheitsstudien in Pretoria. „Der Fall von Andula und Bailundo ist eine sehr sehr schlechte Nachricht für die angolanische Bevölkerung.“ Optimistischer ist seine Kollegin Hanlie de Beer. „Die Voraussetzungen für Verhandlungen sind jetzt günstiger“, sagte sie gestern der taz. Deshalb sei es besonders wichtig, dass diplomatische Vermittler aufträten. Eine Lösung ist ihrer Meinung nach allerdings nur möglich, wenn beide Seiten anerkennen, dass sie einen neuen Friedensvertrag an Stelle des gescheiterten Abkommens von Lusaka von 1994 aushandeln müssen. „Doch auch ein ganz anderes Szenario ist möglich: Die Regierung hat sich nun so weit militärisch vorgewagt, dass ihr jetziger Erfolg sich leicht in eine Niederlage verwandeln könnte und Unita sie einfach ins Leere laufen lässt“, so de Beer.

Zugleich hat Unita noch einen wichtigen Trumpf in der Hinterhand: die Verwundbarkeit der Hauptstadt Luanda. Ein militärischer Angriff auf die Millionenmetropole am Atlantik, Hochburg der Regierung, ist zwar wenig wahrscheinlich und für Savimbi auch gar nicht wünschenswert, denn Unita hat traditionell dort nur wenige Anhänger. Mit Guerillataktik und gezielten Terroranschlägen könnten die Rebellen jedoch erreichen, dass sich die ohnehin angespannte Situation in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt in blankes Chaos verwandelt.

Sollte es Unita-Soldaten beispielsweise gelingen, in der Innenstadt oder in den Flüchtlingsquartieren Bomben hochgehen zu lassen oder am Flughafen Militär- und Versorgungsmaschinen zu sabotieren, wären die Folgen unübersehbar. Schon jetzt strotzt Luanda von Polizei und Militärs. Rebellen tatsächlich aufzuspüren, dürfte indessen für sie unmöglich sein. Kordula Doerfler