Von türkischem Wasser und israelischen Waffen

■ Israels Premier kann seinen ersten Staatsbesuch in der Türkei als vollen Erfolg werten

Istanbul (taz) – Man kennt das spätestens seit John F. Kennedys Auftritt in Berlin. Ausländische Staatsgäste offerieren gerne einen Gruß in deren Sprache. Anders als Kennedy bekannte sich der israelische Ministerpräsident Barak bei seinem Staatsbesuch am Montag in der Türkei jedoch nicht dazu, ein Istanbuler zu sein, sondern er bediente sich aus dem Zitatenschatz des Staatsgründers Mustafa Kemal (Atatürk): „Türke, sei stolz, arbeite und habe Vertrauen in dich selbst.“ Ob die durch das Erdbeben im August obdachlos gewordenen Menschen, die jetzt in israelische Notunterkünften in Adapazari einziehen konnten und die Barak am Montagvormittag besuchte, sich dadurch ermutigt fühlten, kann dahingestellt bleiben, aber zumindestens die türkischen Medien freuten sich.

Insgesamt geriet der erste offizielle Besuch eines isralischen Ministerpräsidenten in der Türkei zu einer rundum gelungenen Veranstaltung. Barak erhielt viel Lob im Vorfeld, weil israelische Rettungsteams nach dem Erdbeben zu den ersten ausländischen Helfern gehörten. 132 Fertigbauhäuser, ein israelisches Dorf, für 2.500 obdachlos gewordene Menschen konnte Barak überdies mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ecevit am Montag seiner Bestimmung übergeben.

Wie Barak selbst hat auch die türkische Regierung ein großes Interesse, dass der israelisch-palästinensische Friedensprozess vorankommt. Das würde den Argwohn, den diverse arabische Staaten, allen voran Syrien, den türkisch-israelischen Beziehungen entgegenbringen, entscheidend abmildern. Das, so hofft man in Ankara, würde endlich auch den Nahen Osten als Markt öffnen und für die Türkei attraktiv machen.

In diesen Kontext gehört auch die wichtigste Einzelvereinbarung, die Barak und Ecevit am Montag getroffen haben. Israel will demnächst Trinkwasser in der Türkei kaufen. Schon lange haben türkische Politiker versucht, ihren Partnern in Jerusalem einen solchen Deal schmackhaft zu machen, doch bislang schreckte Israel davor zurück, sich bei dieser lebenswichtigen Ressource auf Importe einzulassen. Mittlerweile wird aber wohl immer deutlicher, dass die Grundwasservorräte in Israel bald erschöpft sind und Meerwasserentsalzungsanlagen allein nicht ausreichen, den Bedarf zu decken. Deshalb soll demnächst der erste Tanker mit Trinkwasser nach Israel schippern. Wenn alles nach Wunsch läuft und Barak sich demnächst auch mit Syriens Assad einigt, wird es vielleicht in 10 – 15 Jahren eine Wasserpipeline durch Syrien und Jordanien nach Israel geben. Für den Fall, dass es nicht so schön läuft, wurde aber auch die weitere Rüstungskooperation zwischen beiden Ländern bekräftigt. Israel hat zwar zugunsten seiner amerikanischen Partner darauf verzichtet, in der Türkei auch seine Panzer anzubieten, dafür unterstützen die USA ein israelisches Angebot, türkische M-60-Panzer zu modernisieren (Geschäftsvolumen rund eine Milliarde Mark) und überlassen Israel die Zusammenarbeit mit der Türkei bei der Produktion einer neuen Luft-Boden-Rakete, Geschäftsvolumen 300 Millionen Dollar.

Jürgen Gottschlich