Keine weiteren Steuerschnitte

■  Die Steuereinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden steigen. Finanzminister Eichel lehnt Steuersenkungen ab. Bündnisgrüner Finanzexperte votiert für stärkere Entlastung

Berlin (dpa/taz) – Bürger und Wirtschaft können trotz zehn Milliarden Mark außerplanmäßiger Steuereinnahmen in diesem und im nächsten Jahr nicht mit stärkeren Nettoentlastungen rechnen. Das stellte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) gestern nach Vorlage der Ergebnisse der zweitägigen Steuerschätzung klar. Er wies damit Forderungen des CDU/CSU-Haushaltssprechers Dietrich Austermann nach einer Steuerreform zurück – und den eigenen Koalitionspartner in die Schranken. Der Haushaltsexperte der Grünen, Oswald Metzger, hatte die Steuersenkungsbeschlüsse der eigenen Regierung gelobt, sie angesichts der Steuerschätzung aber als zu zaghaft bezeichnet. Es gebe nun die Chance zu einem „Befreiungsschlag“. Metzger schlug vor, den Eingangssteuersatz auf 15 Prozent herunterzusetzen, anstatt auf 19 Prozent, wie von der Koalition beschlossen. Auch der Spitzensteuersatz solle sich eher zwischen 40 und 45 Prozent einpendeln, meinte Metzger. Bisher ist zum Jahr 2002 eine Rückführung auf 48,5 Prozent am oberen Ende der Steuerprogression vorgesehen.

Politiker aus den Regierungsfraktionen bemängelten gegenüber der taz, dass Metzger seinen Vorstoß „wieder einmal nicht abgesprochen hat“. Vertreter von Industrie und Handwerk verwiesen darauf, dass die erhöhten Steuereinnahmen Luft für einen „großen Wurf bei der Unternehmenssteuerreform“ verschafften. Austermann warnte vor „tiefen Bremsspuren auf dem Arbeitsmarkt“, wenn die Körperschaftssteuer jetzt nicht gesenkt werde.

Eichel wies indes die Forderungen nach höheren Steuerentlastungen für Unternehmen zurück. Es bleibe bei den für 2001 geplanten acht Milliarden Mark bei der Unternehmensteuerreform. „Zusätzliche Nettoentlastungen über die schon beschlossenen oder geplanten Steuersenkungen hinaus sind nicht finanzierbar“, sagte der Finanzminister.

Von den Mehreinnahmen dieses Jahres von 6,8 Milliarden Mark entfallen 1,5 Milliarden auf den Bund. Die Länder verfügen wegen ihrer speziellen Steuern, zu denen auch die Kfz-Steuer gehört, diesmal über 4,5 Milliarden, die Gemeinden über 1,1 Milliarden mehr. Von den für 2000 ermittelten Mehreinnahmen von 3 Milliarden sollen 600 Millionen auf den Bund und 2,4 Milliarden auf die Länder entfallen.

Von dem zusätzlichen Steuersegen profitieren vor allem die Bundesländer bei der Erbschafts- und Grunderwerbssteuer. Insgesamt werden in diesem Jahr Steuereinnahmen von 884 Milliarden Mark und 907 Milliarden im Jahr 2000 erwartet. cif

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