Philipp Holzmann AG baut weiter ab

Der Baukonzern verzeichnet eine Schuldenlast von 2,4 Milliarden Mark aus Managementfehlern und hofft nun auf die Hilfe der Banken. 3.000 Beschäftigte müssen gehen  ■   Aus Frankfurt Klaus-Peter Klingelschmitt

Noch im August verkündete die Philipp Holzmann AG stolz, nach vier „Problemjahren“ und der 1998 gescheiterten Fusion mit Hochtief endlich wieder Gewinne zu erwirtschaften. Zu früh gefreut – am Stammsitz der Firma in Frankfurt und an der Börse, die im Sommer positiv auf die Good news reagierte. Nur drei Monate später droht dem Baukonzern ein Insolvenzverfahren, falls die großen deutschen Banken – allen voran der Branchenleader Deutsche Bank AG – das vom aktuellen Vorstand vorgelegte Sanierungskonzept nicht akzeptieren sollten.

Den von Holzmann voreilig prognostizierten Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1998 mehr als nur auffressen“ werden nämlich 2,4 Milliarden Mark zusätzliche Schulden aus alten „schlechten Geschäften“, die jetzt – nach einer Neubewertung aller Problembereiche – bilanzwirksam werden. Der Konzern ist nach eigener Einschätzung „überschuldet“ und eigentlich zahlungsunfähig.

Das offenbar Kriminelle daran: Die „aufgetauchten schlechten Geschäfte“ seien getätigt worden, „obwohl von Anfang an klar war, dass sie schlechte Geschäfte sein würden“, erklärte gestern Firmensprecher Gerhard Semar für den Vorstand. Deshalb seien „rechtliche Schritte wegen strafrechtlich relevanter Verstöße“ eingeleitet worden. No details.

Semar legte allerdings Wert auf die Feststellung, dass sich die Vorwürfe nur gegen ehemalige Mitarbeiter des Konzerns richteten, nicht gegen das gegenwärtige Management. Dass von diversen Vorständen der Holzmann AG in den frühen 90er-Jahren Milliarden von Mark in dubiose Projekte etwa in Südostasien investiert wurden, war schon im mittleren Management ein „offenes Geheimnis“. In der Bilanzbuchhaltung jedenfalls habe man damals „mehrfach die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen“, wusste ein Holzmann aus der genannten Abteilung schon vor einem Jahr der taz zu berichten. „Jetzt ist das ganze Kartenhaus zusammengebrochen“, sagt er heute.

Tatsächlich räumte der Konzern gestern ein, dass die jetzt verbuchten Belastungen „Anfang der 90er-Jahre bei Projektentwicklungsgeschäften im Hochbau entstanden“ seien. Zudem hätten einige Beteiligungen belastend gewirkt.

Den Gläubigerbanken und den Kreditversicherern hat der Vorstand ein Sanierungskonzept vorgelegt, mit dem sich die Deutsche Bank, die 15 Prozent der Holzmann-Aktien hält und gleichzeitig größte Kreditgeberin ist, „wohlwollend auseinandersetzen“ will.

Kernstück der von Holzmann vorgeschlagenen Lösung ist die Entlassung von 3.000 Mitarbeitern weltweit. 28.525 Menschen sind heute noch konzernweit für Holzmann tätig. Arbeiter und Angestellte werden also die Konsequenzen der Fehler des Spitzenmanagements und der – längst hoch abgefundenen – ehemaligen Vorstandsmitglieder tragen müssen. Doch damit noch nicht genug. Nach den Vorstellungen der Konzernleitung soll auch der Pensionsversicherungsverein, der die Betriebsrenten verwaltet, seinen Beitrag zur Sanierung leisten.

Übrigens: In der Erklärung der Deutschen Bank zur Krise bei Holzmann steht nicht, dass die Deutsche Bank als Großaktionär von Holzmann seit Jahr und Tag im Aufsichtsrat vertreten ist und dort die defizitären Projektentwicklungsgeschäfte und die maroden Beteiligungen offenbar immer gebilligt hat.

Die Börse in Frankfurt setzte den Handel mit Holzmann-Aktien gestern aus. Aktien des belgischen Holzmann-Großaktionärs Gevaert (30 Prozent) brachen an der Börse in Brüssel knapp drei Prozentpunkte ein.