Starke Worte vom strammen Max

■ Max Strauß bleibt bei seinen Beleidigungen gegen den "Amigojäger" und SZ-Redakteur Stiller

Alles fing damit an, daß Max Strauß, Sohn des früheren bayerischen Ministerpräsidenten, den SZ-Redakteur Michael Stiller in einem Interview als „Berufsdesinformanten“, „Mitglied der journalistischen Totenkopfdivision Joseph Goebbels“ und „ausgemachte Drecksau“ beschimpfte. Stiller, besser bekannt als „Amigojäger“, war empört und zeigte Strauß an. „Irgendwie“, sagt der Mann mit dem Kinnbart, „müssen die Leser doch merken, daß sich die Politiker an uns nicht die Schuhe abputzen können.“

Das wiederum will der stramme Max nicht auf sich sitzen lassen. Im Gespräch mit der taz nennt er die Anzeige einen „Angriff auf die Meinungsfreiheit“. Stiller habe den Krieg gewollt, nun sei er da. Auch zu seinem SS-Vergleich steht Strauß weiterhin: „Die SS-Totenkopftruppen waren die Härtesten der Harten, die Vorzeigekämpfer des Reiches. Goebbels war doch der Meister im Diffamieren, und das kann der Herr Stiller auch. Es geht nicht um die Ziele, sondern um die Machart.“

Und dann langt Strauß noch einmal kräftig hin, wechselt die historische Perspektive: „Der benutzt doch die typische Jud-Süß- Methode: nur andeuten, nichts sagen.“ Seine Beleidigungen, so Strauß, seien keine Ausrutscher. „Ähnliches habe ich schon lange gesagt, nur bin ich bis dahin immer zensiert worden. Endlich hat das mal einer geschrieben. Jetzt habe ich die Diskussion, die ich wollte.“

Auf den ersten Blick sieht das alles aus wie eine öffentlich ausgetragene Privatfehde. Die Nebenkriegsschauplätze offenbaren jedoch tiefe Einblicke in die bayerischen Verhältnisse. Warum Strauß dermaßen außer Fassung gerät, wenn man am Telefon nur den Namen Stiller erwähnt, ist schnell erzählt. Stiller war bei seinen Recherchen in letzter Zeit immer wieder auf Franz Josef Strauß gestoßen. Besonders die Veröffentlichungen der sogenannten Testamentsaffäre um die jährlichen Nebeneinkünfte von 300.000 Mark als „ehrenamtlicher“ Testamentsvollstrecker des Baur-Nachlasses und der heimlichen Beteiligung des Ministerpräsidenten an einer Werbeagentur, die vom Freistaat mit großzügigen Aufträgen bedacht worden war, brachten den Junior auf die Palme. Seitdem ist Max Strauß schwer damit beschäftigt, das Andenken seines Vaters zu verteidigen.

Fragt man den Rechtsanwalt Max Strauß, warum er als Fachmann Stiller nicht vor Gericht zur Rücknahme seiner Behauptungen zwingen könne, wenn diese denn unwahr seien, braust er auf: „Versuchen Sie doch mal, Ehrenschutz für einen Toten zu bekommen, da prozessieren Sie sich hier doch zu Tode. Ich bin da ganz allein gegen einen großen Apparat, viel Geld und ein großes Haus.“

Nun wurde wegen seiner Enthüllungen schon öfter zur Jagd auf Stiller geblasen. Im vergangenen Jahr entdeckte er sogar sein Foto in der Bild-Zeitung, darüber die Schlagzeile „Niemand wird in München stärker gehaßt als er“. Dabei ist bislang – von ein paar anonymen Briefen und nächtlichen Anrufen abgesehen – kaum etwas passiert, das den bedächtigen Mann beunruhigen müßte. Mehr Grund zur Sorge hat derzeit Max Strauß: Anstatt den Sohn ihres Übervaters als bajuwarischen Befreiungskämpfer zu feiern, reagierte die CSU mit eisigem Schweigen. Staatskanzleichef Erwin Huber und Parteichef Theo Waigel sollen, so heißt es, nur mit dem Kopf geschüttelt haben, und Alois Glück, Fraktionschef im Landtag, nahm Stiller sogar öffentlich in Schutz. Für Kamikaze-Strauß ist das jedoch pure Kriecherei: „Da versuchen sich einige Leute bei der Süddeutschen einzukaufen.“

Richtig ist: Viele Hinweise, die Stiller und seine Kollegen auf die Spuren bayerischer Speziwirtschaft brachten, kamen aus den Reihen der CSU selbst. Das war so bei der „Testamentsaffäre“, an deren Anfang, so Stiller, ein Hinweis Stoibers stand. Und das war auch so, als Ministerpräsident Max Streibl über die Amigo-Affäre stürzte. Wenn man also den zweimaligen Wächterpreisträger Stiller einen Amigojäger nennt, dann müßten sich auch einige CSU-Politiker diesen Titel anstecken.

Nun könnte man wenigstens erwarten, daß einer, der die CSU so beharkt wie Stiller, ein ganz besonderer Freund der Opposition sein müßte. Doch die Entrüstung hielt sich dort in höflichen Grenzen, abzulesen an der Solidaritätsbekundung von SPD-Chefin Renate Schmidt. Die versicherte Stiller, „bei aller Kritik“ zu solchen Formulierungen niemals zu greifen. Das distanzierte Verhältnis der Sozialdemokraten zu dem erfolgreichen Amigojäger hat einen Grund: Stiller reitet nämlich auch gnadenlose Attacken gegen die SPD, wenn die sich zum Beispiel bei der Diätenerhöhung gleich 27 Prozent genehmigen will. Und erst vor kurzem bekam er nach einer scharfen Abrechnung mit der müden Münchner Oppositionstruppe reihenweise empörte Briefe der Genossen, die ihm „päpstliche Unfehlbarkeit“ vorwarfen. „Die Öffentlichkeit“, kontert Stiller gelassen, „neigt eben zu Personalisierungen.“ Besonders in Bayern. Alexander Logemann