Teurer Nikolaus

■  Für 2,9 dringend benötigte Milliarden bekommt Murdoch 24 Prozent Kirch-Anteile

Berlin/München (taz/Reuters) – Rupert Murdoch hat es im x-ten Anlauf geschafft. Mit der Übernahme von 24 Prozent der Anteile an Deutschlands einzigem Bezahlfernsehen Premiere World ist der britische Medienunternehmer endgültig im deutschen Fernsehmarkt etabliert. Für die angeschlagene Kirch-Gruppe war es ein teures Nikolausgeschenk. Murdoch überweist zwar eine dringend benötigte Milliarde Mark in bar sowie 900 Millionen in Aktien seines britischen Pay-TV-Senders BSkyB, erhält dafür aber umfassenden Einfluss auf alle Bereiche der Kirch-Gruppe.

Die KirchPayTV, Dachgesellschaft von Premiere World, soll laut Kirch-Gruppe 2002 die Gewinnschwelle überschreiten und bis Ende 2003 mit 20 Prozent der Anteile an die Börse gehen. Laut Dieter Hahn, zweiter Mann der Kirch-Gruppe, sehen die Einstiegsvereinbarungen mit dem britischen Abo-Sender BSkyB vor, dass BSkyB bei deutlichen Planverfehlungen der KirchPayTV nach 2001 die Mehrheit an allen Kirch-Abo-TV-Aktivitäten übernehmen könnte. Dies soll gelten, wenn die Kirch-Holding in diesem Fall nicht willens oder in der Lage wäre, das gesamte BSkyB-Engagement zurückzukaufen.

Hahn kündigte darüber hinaus eine langfristige Umschuldung bei der KirchPayTV Mitte 2000 um 4 bis 4,5 Milliarden Mark an. Mit diesen Mitteln soll dann eine bestehende Zwischenfinanzierung von Banken in Höhe von derzeit rund 3 Milliarden Mark abgelöst werden. Laut Hahn wird allein der weitere Ausbau von Premiere World bis 2002 noch einmal 1,7 Milliarden Mark kosten.

Von Murdochs BSkyB erhoffen sich die Kirch-Manager vor allem Know-how für den Aufbau eines profitablen digitalen Pay-TV-Angebots. Mit rund 2,1 Millionen Abonnenten liegt Premiere World weit hinter BSkyB, dessen Programme über ein Drittel aller britischen TV-Haushalte erreichen. Anders als BSkyB konkurriert Premiere World allerdings mit den rund 30 deutschen Kabelkanälen um die Gunst der Zuschauer.

Sport, der Motor des Bezahlfernsehens, soll nach Murdochs Strategie auch in Deutschland den Durchbruch garantieren. Immerhin profitiert Premiere World jetzt von den Champions-League-Übertragungsrechten, die Murdoch für seinen Münchener Sender tm-3 erworben hat. Ob Kirch im Verbund mit BSkyB allerdings wie Murdoch in Großbritannien Sportverbände und Politiker auf seine Seite bringen kann und große Sportereignisse demnächst ausschließlich im Pay-TV zu sehen sein werden, erscheint zweifelhaft: Der Deutsche Fußballbund hatte bereits mehrfach angekündigt, hier nicht mitzuziehen.

Für BSkyB sind die Vorzüge des Bündnisses weniger deutlich: Dort verspricht man sich keine Synergieeffekte durch gemeinsame Entwicklung von Decodertechnik oder Programmeinkauf, hieß es gestern aus London. Die Ankündigung, dass sich das Engagement auf Jahre negativ auf die Dividenden auswirken werde, sorgte außerdem für Kursverluste der BSkyB-Aktien.

Durch den Deal übernimmt Kirch seinerseits 4,3 Prozent an BSkyB. Da auch der Mischkonzern Vivendi, Haupteigentümer des französischen Pay-TV-Marktführers Canal +, an BSkyB beteiligt ist, ergibt sich de facto eine Neuaufteilung des europäischen Marktes für Bezahlfernsehen. Canal + ist neben Frankreich auch in Spanien und Polen aktiv, die KirchPayTV hält Beteiligungen in Italien und der Schweiz. Kirch und Murdoch rechnen daher mit einer Prüfung durch die europäischen Kartellbehörden. Zwar ist noch unklar, ob die deutschen oder die Brüsseler Kartellwächter zuständig sind, erste Vorgespräche laufen aber bereits.

Ein klarer Verlierer der Einigung zwischen Kirch und Murdoch sitzt in Gütersloh: die Bertelsmann-Gruppe, Hauptgesellschafter der RTL-Familie. Sie hatte bis zuletzt immer vehement gegen ein Engagement Murdochs in Deutschland operiert und dieser Taktik sogar die Entwicklung des gemeinsamen Kölner Senders Vox geopfert. Steffen Grimberg