Diepgen und die sieben Sterne

■  Das Abgeordnetenhaus wählt heute den neuen Senat. Die Große Koalition geht in die dritte Runde. Die taz-Astrologen wagen einen Blick in die Zukunft

Eberhard Diepgen (CDU), 58, Regierender Bürgermeister. Karriere: Von der Weltpolitik müssen Sie Abschied nehmen. Das ist der Preis der Hauptstadt: Wo Sie auch hinkommen – Gerhard Schröder war schon da. Machen Sie sich nichts draus. Kollegen wie Christian Ude oder Manfred Rommel wurden auch als Kommunalpolitiker populär. Meiden Sie die Tagespolitik. Schieben Sie unangenehme Entscheidungen auf Ihre Senatoren ab. Gesundheit: Wenn Sie beim Joggen nicht nachlassen, müssen Sie Tennisfreund Landowsky nicht fürchten.

Klaus Böger (SPD), 54, Bürgermeister und Schulsenator. Karriere: Vorsicht! Alle Ihre Vorgänger sind im schwarzen Loch der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Ignorieren Sie die Schulexperten in der eigenen Fraktion, hören Sie nicht auf die Lehrergewerkschaft. Lassen Sie sich nicht von Ihrer Bürgermeisterkollegin Christa Thoben ins Abseits stellen. Parteileben: Überlassen Sie Strieder, dem „Wackel-Peter“, nicht das Feld. Gesundheit: Schonen Sie sich. Genießen Sie jetzt die angenehmen Seiten des Lebens.

Peter Strieder (SPD), 47, Supersenator. Karriere: Mit dem Superressort Bauen/Stadtentwicklung/Verkehr/Umwelt haben Sie das große Los gezogen. Die Boulevardpresse nennt Sie schon den „Super-Peter“. Machen Sie sich nichts draus, dass bei Ihrer Nominierung in der Fraktion 14 von 41 SPD-Abgeordneten gegen Sie gestimmt haben. Sie sind nicht der Typ, der sich den Schneid abkaufen lässt. Legen Sie einen fulminanten Start hin. Dann werden Ihre Kritiker verstummen. Parteileben: Zeigen Sie, dass sie das Amt des Parteichefs mit links schaffen! Gesundheit: Bei dem Arbeitspensum hilft nur eines: Kaufen Sie sich Joschka Fischers Buch „Mein langer Lauf zu mir selbst“, und legen Sie los!

Gabriele Schöttler (SPD), 46, Arbeitssenatorin.Karriere: Eine schwere Verantwortung lastet auf Ihnen. Sie sind die einzige Ostdeutsche im Senat, und Ihr Ressort Gesundheit/Soziales/Arbeit und Frauen hat es in sich. Gut, dass Sie sich als Krankenschwester da auskennen. Wenn gar nichts mehr geht: Treten Sie der Ärztelobby und den Krankenkassenchefs mit ihren Stilettoabsätzen mal kräftig auf die Füße. Gesundheit: Greifen Sie zur Selbsthilfe. Sie sollten einen Termin mit Gesundheitsministerin Andrea Fischer vereinbaren.

Christa Thoben (CDU), 58, Bürgermeisterin und Kultursenatorin. Karriere: Ihr Vorgänger hat es vorgemacht. Sitzen Sie Probleme aus, die Sie nicht lösen können. Lassen Sie sich aber nichts unterschieben. Beginnen Sie mit einem Kassensturz. Parteileben: Zügeln Sie Ihre schwarz-grünen Sympathien, bis die Stunde dafür reif ist. Dann sollten Sie nicht zögern, sich aus der Deckung zu wagen. Gesundheit: Keine Angst vor protestierenden Studenten. Ein paar faule Eier haben noch niemanden umgebracht.

Peter Kurth (CDU), 39, Finanzsenator. Karriere: Chancen zur Profilierung zeichnen sich ab. Doch seien sie vorsichtig! Haushaltslöcher und unpopuläre Wohnungsverkäufe pflastern Ihren Weg. Parteileben: Sie haben den Job nur bekommen, weil Ihr Parteichef Diepgen keinen Besseren gefunden hat. Keine Sorge: Auch Kollege Branoner war ursprünglich zweite Wahl. Gesundheit: Sie kommen jetzt ins kritische Alter. Halten Sie sich weiter fit für kommende Karrieresprünge.

Wolfgang Branoner (CDU), 43, Wirtschaftssenator. Karriere: Trauern Sie dem Mega-Bauressort nicht länger hinterher. Alle wissen, dass Sie auch in diesem Ressort Spitze gewesen wären. Gesundheit: Sie sollten sich ein wenig bremsen. Sie wirken oft hyperdynamisch. Üben Sie morgens die ruhige, staatsmännische Pose (bei Diepgen abgucken!).

Eckhart Werthebach (CDU), 59, Innensenator. Karriere: Ihr Einjahresvertrag wurde verlängert. Doch schon zum Jahreswechsel droht ihre nächste Bewährungsprobe. Sie sollten Warnungen wegen des Millenniums-Chaos nicht leichtfertig in den Wind schlagen. Gesundheit: Sie wirken oft blass. Tun Sie etwas dagegen.