Vati und Mutti sind die Besten

Die Jugend 2000 ist nett. Aber „soziale Verantwortung“ ist für sie ein Fremdwort. Trotzdem mögen sie Greenpeace. Jungs bleiben Egoisten

Hamburg (dpa/taz) - Dr. Motte zeigt Tiefenwirkung. Die Jugend der Jahrtausendwende ist lieb. Und sie wünscht sich nichts mehr als Freundschaft, Liebe und Freundlichkeit. Auf der anderen Seite, so bemängelt der Hamburger Erziehungswissenschaftler und Zukunftsforscher Horst W. Opaschowski, gibt es für sie keine Lebensidole mehr. Altruisten wie Mutter Teresa und Albert Schweitzer, die lange Jahr die Hitlisten der angehimmelten Personen anführten, haben ausgedient. Die Kirche spielt für Jugendliche kaum noch eine Rolle, und persönliche Freiheit ist wichtiger als soziale Verpflichtung. Als eine Art „Love Parade zeitloser Werte“ beschreibt der Leiter des Freizeit-Forschungsinstituts der British American Tobacco (BAT) den gegenwärtigen Zustand der Generation der 14- bis 29-Jährigen.

Unter „sozialer Verantwortung“ könnten sich viele Jugendliche heute kaum noch etwas Konkretes vorstellen. Es sei nicht gerade zukunftsweisend, so Opaschowski, wenn die junge Generation von traditionellen Werten wie Treue (28 Prozent) oder Nächstenliebe (32 Prozent) relativ wenig wissen wolle, dagegen ihre persönliche Freiheit (43 Prozent) für wichtiger halte als soziale Verpflichtungen.

„Das Leben im Zeitalter der Postmoderne ist geprägt von Beliebigkeit“, sagt der Zukunftsforscher. „Alles ist möglich, und niemand bindet sich mehr auf Dauer. So sind Idole austauschbar.“ Lediglich die Eltern haben auch in Zukunft als Leitbild und Orientierungsmuster nach wie vor Gültigkeit.

Auch sei ein „Generationenkrieg“ noch nicht in Sicht. Das wird sich nach Einschätzung des Erziehungswissenschaftlers ändern, sollte die Rente mit 60 kommen. „Das Positive daran wäre, dass die Älteren Platz für die Jüngeren machen.“ Allerdings lebten die Älteren dann immer früher auf Kosten der Jüngeren und das auch immer länger. „Generationengerechtigkeit wird deshalb das Schlüsselwort der Gesellschaft in den nächsten Jahren sein“, sagt Opaschowski.

Deutliche Unterschiede gibt es zwischen männlichen und weiblichen Jugendlichen, wenn es um traditionelle Werte wie Treue und Familie geht: 51 Prozent der Frauen seien der Meinung, dass Ehe, Kind und Familie Aufgaben sind, für die es sich zu leben lohnt. Bei den Männern seien das nur 37 Prozent. Bei 60 Prozent der Männer laute die Devise: „Man(n) kann auch ohne Familie glücklich sein.“ Bei allen Klagen über den Trend zur Single-Gesellschaft, warnt Opaschowski jedoch, „muss man sehen, dass die wirklichen Egoisten in unserer Gesellschaft mehrheitlich die Männer sind.“

Dass die Jugend den Kirchen davonläuft, haben diese sich nach Einschätzung Opaschowskis selbst zuzuschreiben: „Für die Jugend schwebt die Kirche über den Dingen des Lebens.“ Es sei keine Kirche zum Anfassen mehr. Die Jugendlichen wüssten nicht, wofür sie sich in der Institution Kirche engagieren sollten. Inzwischen sprechen sich nur noch neun Prozent der Jugendlichen für die Kirche aus, dagegen 24 Prozent für Greenpeace und 17 Prozent für amnesty international.