Bündnis für Schröder

■ Durchbruch nach monatelangem Stillstand: Arbeitnehmer und Arbeitgeber einig über frühere Renteund bessere Einstiegschancen für Junge. Tarifverhandlungen sollen differenzierte Lösungen erreichen

Berlin (taz) – Nach vier ergebnislosen Runden hat sich gestern das schon totgeglaubte Bündnis für Arbeit lebhaft zurückgemeldet: Bundeskanzler Schröder präsentierte den „Durchbruch“. Unter seiner Moderation verständigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf eine Erleichterung des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Berufsleben für Ältere. Mit diesem ersten Erfolg des Bündnisses für Arbeit konnte der Kanzler sein Wahlversprechen nach 16 Monaten umsetzen.

Arbeitgeber und Gewerkschaften versprachen einander, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, um eine „Beschäftigungsbrücke zwischen Alt und Jung“ zu bauen. Konkrete Ergebnisse sollen – angepasst an die jeweiligen Branchen – bei den anstehenden Tarifverhandlungen beschlossen werden. Künftige Lohnsteigerungen werden sich am Produktivitätsfortschritt orientieren. In diesem Jahr soll es dem Vernehmen nach jedoch „keine reine Nullrunde“ geben. Gerhard Schröder sagte, damit sei „bewiesen, dass dieses Land, so wie es sich organisiert, wirklich zukunftsfähig ist“.

Nach Wochen und Monaten des Zanks und der gegenseitigen Gesprächsblockade war es Schöder am Freitag geglückt, die Kontrahenten am Sonntag an einen Tisch zu bekommen. Es scheint sich ein Tauschgeschäft anzubahnen: Die Arbeitgeber akzeptieren neue „betriebs- und branchenbezogene Regelungen“ zum frühzeitigen Ausstieg aus dem Berufsleben, die Gewerkschaften lassen sich im Gegenzug auf eine „längerfristige Tarifpolitik“ ein. Allerdings: Ähnliches hatten Arbeitgeber und DGB bereits im Juli vergangenen Jahres in einem gemeinsamen Papier formuliert.

Freilich mochte sich gestern keiner der Teilnehmer dazu äußern, wie denn ein „neues Instrumentarium“ zur Frührente aussehen könnte. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte, es handle sich dabei nicht um die Rente mit 60, welche die IG Metall favorisiert hatte. Es sei auch ausgeschlossen, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Tariffonds einzahlen. „Es gibt keine tariflichen Zwangsfonds“, betonte Hundt.

In einer ersten Stellungnahme sprach die IG Metall von einem „grünen Licht für die Rente mit 60 aus dem Bündnis heraus“. Der IG-Metall-Sprecher sagte, bei einem akzeptablen Ergebnis in den kommenden Tarifverhandlungen sei die Gewerkschaft auch zum Abschluss mehrjähriger Tarifverträge bereit. DGB-Chef Schulte gab verhalten zu bedenken, dass die Wege zur Schaffung von Arbeitsplätzen auch innerhalb der Gewerkschaften „strittig“ seien. „Ich selbst habe nie von der Rente mit 60 gesprochen, sondern nur von Möglichkeiten zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Berufsleben“, meinte Schulte im Hinblick auf IG-Metall-Chef Klaus Zwickel.

Einer ließ gleich gestern feststellen, wie wenig er mit dem verabschiedeten Papier zufrieden ist. Handwerkspräsident Dieter Philippi teilte mit, sein Verband habe dem Kompromiss nicht zugestimmt. Das Handwerk wollte in die Erklärung auch den Ausbau der Altersvorsorge als Alternative zum vorzeitigen Ruhestand mit einbeziehen. Annette Rogalla

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