Kämpfernatur lässt sich Zeit mit dem Kämpfen

Tanja Kreil klagte erfolgreich auf den Dienst an der Waffe – und hält sich diesen nun offen

Berlin (taz) – Der Richter am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg sprach sein Urteil zu Gunsten der Klägerin, doch die Klägerin gab sich verhalten. „Ja natürlich, auf jeden Fall“, sagte Tanja Kreil gestern auf die Frage, ob sie nun tatsächlich zur Bundeswehr wolle. Ihre Worte, knapp und mager und nicht wirklich euphorisch, lassen die Vermutung zu, dass die 23-jährige Hannoveranerin auch künftig lieber bei Siemens als Anlagenelektronikerin arbeiten will statt bei der Bundeswehr Leopard-II-Panzer zu warten. Noch aber dementiert Tanja Kreil derartige Gerüchte hartnäckig.

Und dementieren muss sie auch. Schließlich will sich der Bundeswehrverband, dessen Zugpferd sie über drei Jahre im Kampf gegen das Dienstverbot von Frauen an der Waffe war, erst einmal richtig freuen. „Hier ist ein Berufsverbote gefallen. Tanja Kreil hat Rechtsgeschichte geschrieben“, jubelte denn auch erwartungsgemäß gestern Oberst Bernhard Gertz, der Vorsitzende des Verbandes.

„Ikone der Frauenbewegung, die gegen eine der letzten Bastionen der Männerwelt anrennt“, oder „Kämpfernatur“ – so bezeichneten die Zeitungen Tanja Kreil gern vor der Urteilsverkündigung. Und sie gefiel sich in der Rolle der Vorkämpferin und der historischen Person. Doch wer genauer nachfragte, entdeckte eine Person, die mit Politik nicht viel anfangen kann. „Politik finde ich tierisch langweilig, für Geschichte interessiere ich mich nicht.“ Eine Person, die mit Emanzipation und Feminismus nichts am Hut hat. „Dummes Zeug!“ Eine Person, die sich nur geärgert hat über die Bundeswehr, die ihr keinen Job gab als sie darum nachfragte. „Ich fühle mich als Mensch zweiter Klasse.“ Warum dann das Engagement? „Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, dann will ich das erreichen“, trotzte Tanja Kreil stets.

Will sie nun zur Bundeswehr? Oder nicht? Vielleicht bedarf es gar keiner Antwort. Denn mit 1,57 Meter Körpergröße könnte sie an den Musterungsvorschriften für Soldaten scheitern. Zur Zeit ihrer ersten Bewerbung lag das geforderte Mindestmaß der Bundeswehr bei einer Körpergröße von 1,55 Meter. Inzwischen sei es aber auf 1,59 Meter aufgestockt worden.

Der Bundesverband finanzierte ihr den Weg durch alle Instanzen – um den Soldaten Kreil ging es dabei nicht. Jens Rübsam