Kreuzfahrt statt Last-Minute-Clipper

■ Hapag-Lloyd setzt künftig wieder auf Schifffahrt. Touristik-Zweig wird von Konzern-Mutter Preussag übernommen

Hinter dem Sitz von Hapag-Lloyd-Vorstandschef Bernd Wrede hängt ein Riesen-Gemälde. Das zeigt den Hamburger Hafen vor gut hundert Jahren, geschäftig, voller Dampfschiffe und Schuten, überall sind die Stauer und Festmacher am Werk. Die große Ära der Hamburger Schifffahrt, als Reedereichef Albert Ballin, einer der mächtigsten Männer im Kaiserreich, alle Chancen des imperialistischen Zeitalters nutzte, um Vermögen und Ansehen der Hapag-Lloyd zu mehren. Längst vorbei – die Schifffahrt war für das Unternehmen zuletzt fast nur noch ein Anhängsel des übermächtigen Touristikzweiges. Das wird sich allerdings erneut ändern – die Zukunft von Hapag-Lloyd liegt demnächst wieder auf dem Wasser.

„Wir werden den Konzern weiterhin sehr straff führen“, betont Wrede, gescheitelt wie Manfred Kanther, (trotzdem) ein jeder Zoll Tradition und Seriosität. So stellt man sich den Vorstandschef einer alten Reederei auch vor. Wrede und seine Vorstandskollegen haben das Ruder im Vorjahr herumgeworfen. Sie haben den gesamten Touristikbereich an den Mega-Mischkonzern Preussag, Konzernmutter seit 1997, abgetreten – darunter sind vor allem der Reiseveranstalter TUI und die Thomas Cook-Reisebüros, ein Bereich der im Vorjahr noch 70 Prozent des Umsatzes von Hapag-Lloyd ausgemacht hat. Und der wird ohnehin nur in mindestens zehnstelligen Summen buchstabiert. 17,8 Milliarden Mark waren es 1998, lumpige sechs Milliarden mehr als 1997. Der Reingewinn liegt immer noch bei 350 Millionen Mark – Wrede spricht von substanziellen Gewinnen vor allem im Asiengeschäft und fügt an: „Wenn wir das Wort substanziell sagen, dann ist das auch tatsächlich so.“

Im kommenden Jahr wird alles anders. Hapag-Lloyd kehrt zu den Wurzeln zurück. Containerschifffahrt und Kreuzfahrtsreederei – das werden wieder die beiden Standbeine des Konzerns. Von Preussag hat man zudem als Tausch für TUI die Zulieferer VTG Lehnkering und Algeco bekommen – Experten für Transporte auf Wasser und Schiene.

Der Stolz von Hapag-Lloyd sind und bleiben aber die Kreuzfahrer. Wenn die Vorstandsherren auf „ihr Flaggschiff“, die neue MS Europa – Nachfolgerin des gleichnamigen nach Asien verkauften Schiffes – zu sprechen kommen, tritt das hervor, was Hapag-Lloyd für sich gepachtet wünscht: Exklusivität. „Bewusst ausgelegt für nur 480 Passagiere: Der Kunde möchte es bei einer Kreuzfahrt ja eher klein haben, statt sich mit zu vielen Menschen um ihn herum zu bewegen“, sagt Wrede. Das Wort „Massengeschäft“ spricht er mit Verachtung aus: „So etwas wollen wir nicht.“ Dass das Personal der alten Europa erst mit arbeitsgerichtlicher Hilfe im Vorjahr seine Jobs bei Hapag-Lloyd wieder einklagen musste, weil die Reederei auf dem schwimmenden Grand Hotel keine deutschen Tarife für die Besatzung zahlen wollte, ist für Wrede nicht der Erwähnung wert. So etwas würde die gedämpfte feine Atmosphäre nur stören. Peter Ahrens