Der Schatz im Kabelschacht

Die Telekom verkauft ihr Kabelnetz und wird dabei reich. Bezahlen wird letztlich (wie immer) der Zuschauer

MÜNCHEN taz ■ Wenn die Deutsche Telekom ihr Kabelnetz privatisiert, steht bislang nur ein Gewinner fest: der rosa Riese selbst. Ende Februar hatte bereits die US-Gruppe Callahan die Mehrheit am Kabel in Nordrhein-Westfalen übernommen und dafür angeblich 3,5 Milliarden Mark auf den Tisch gelegt. Auch über den Verkauf des hessischen Kabelnetzes laufen Verhandlungen – Favorit ist hier eine britische Investorengruppe mit dem unbritischen Namen Klesch, die zwei Milliarden Mark berappen will. In den folgenden Monaten sollen weitere Teile des Netzes, das Telekom-Chef Ron Sommer einst als schlummernden „Schatz“ im Kabelschacht bezeichnete, aufgeteilt in neun Regionalgesellschaften, verkauft werden.

Insgesamt erhofft sich die Telekom mehr als 20 Milliarden Mark Erlöse. Im Zuge der Privatisierung sollen die Netze aufgerüstet und rückkanalfähig gemacht werden. Digitale Fernseh- und Datenübertragung, schneller Internet-Zugang und Video-on-Demand wären dann möglich. Das allerdings kostet Geld. Branchenkenner gehen für das gesamte deutsche Netz von 18 Milliarden Mark aus. Wer die zahlt, ist heute noch offen – am Ende könnte es auch der Kabelkunde sein. In NRW sieht man eine solche Gefahr offenbar erst einmal nicht: „Endlich werden diese seit Jahren brach liegenden Investitionen genützt“, sagt der Sprecher der Landesanstalt für Rundfunk NRW (LfR), Peter Widlok, mit Blick auf die Ankündigung von Callahan, 3,5 Milliarden Dollar in den Kabelausbau zu stecken. Widlok rechnet kaum damit, dass Callahan die Kosten der Aufrüstung über höhere Kabelgebühren an die Privatkunden weitergibt: „Ins Uferlose können die Gebühren nicht steigen.“ Denn das Kabel stehe direkt in Konkurrenz zur Satellitenschüssel, und die, so der Sprecher, „gibt es im Baumarkt um die Ecke schon für ein paar hundert Mark.“ Außerdem habe auch die Berliner Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post noch ein Wörtchen bei den Kabelgebühren mitzureden.

Die jedoch mag öffentlich nicht über die künftige Preisentwicklung spekulieren. Und vom Kabelverkäufer Telekom selbst ist auch nicht mehr zu erfahren. „Die Preise sind alleine eine Entscheidung künftiger regionaler Mehrheitseigentümer“, heißt es in der Bonner Unternehmenszentrale. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Telekom weiterhin 25 Prozent plus eine Aktie an jeder der neun Regionalgesellschaften halten will. Dumm nur, dass bislang – mit Ausnahme von Callahan – noch kein Mehrheitseigentümer feststeht. Und von Callahan war bislang nichts zu hören, wer die Kosten der angekündigten „Modernisierung der Netzinfrastruktur“ letztlich tragen wird. Genau diese Frage stellen sich mittlerweile auch Verbraucherschützer. Grundsätzlich sieht es deren Verband zwar positiv, dass das Netz aufgerüstet und das Telekom-Monopol aufgebrochen wird. „Aber“, so ein Sprecher, „ob das dann auch zum Nutzen der Kunden geschieht, ist noch offen.“

HANS G. NAGL