Runde doch nicht nach Hollywood

Regisseur Wedel dreht Rathaus-Krimi: Keine Rolle für den Bürgermeister  ■ Von Peter Ahrens

Filme machen – ein verdammter Knochenjob. Dieter Wedel zieht die dunkle Sonnenbrille an und sagt: „Ich muss dringend wieder zum Set, wir stehen hier unter enormem Zeitdruck.“ Der Mann hat es eilig, schließlich arbeitet er an „dem schwersten Projekt, das ich bisher versucht habe“. Der Set, das schwerste Projekt – das ist die Hamburger Bürgerschaft, das ist der Rathaus-Film „Die Affäre Semmeling“, den Wedel seit dieser Woche dreht. Mario Adorf, Heinz Hönig und Robert Atzorn sitzen im Plenarsaal der Bürgerschaft und tun so, als seien sie Landespolitiker. Die höheren Weihen haben sie: Bürgermeister Ortwin Runde hat sich die Dreharbeiten und die beiden Bürgermeister-Darsteller zwei Minuten lang angesehen und fachmännisch geurteilt: „Die machen das ganz gut.“

Fototermin in der Bürgerschaft. Auf den Plätzen, auf denen ansonsten Heino Vahldieck, Holger Christier oder Antje Möller hocken, sitzen Komparsen, dazwischen das eine oder andere bekannte Gesicht: Heike Makatsch, Heinz Hönig. Wedel dirigiert, dann tritt Runde ein, begrüßt die Bürgermeister-Doubles Hönig und Atzorn, das Fotografen-Heer macht seine Bilder. Dann ist schon wieder alles vorbei: Es muss weiter gedreht werden. Das Rathaus ist nur für drei Tage gebucht.

Regisseur und Regent haben noch ein paar Minuten für die Presse übrig. Wedel erzählt, dass er mit Voscherau, mit Engholm, Scheel und Doris Köpf gesprochen und 9000 maschinengeschriebene Interviewseiten getippt hat, um „das Gefühl zu bekommen, ein bisschen Bescheid zu wissen über die Politik“. Mit Runde habe er drei Stunden lang debattiert, der Bürgermeister habe ihm manche wertvolle Anregung geben können. Welche, sagt er nicht. Runde gluckst.

Der Bürgermeister lobt die Darsteller, kann gut verstehen, „dass auch andere Leute Spaß daran haben, mal auf meinem Stuhl zu sitzen“. Ein Journalist schlägt vor, den Bürgermeister in einer Nebenrolle als Saaldiener zu besetzen. Aber das wird nichts: „Die Schauspieler sind so gut, die kriegen das allein hin.“

Filme machen – harte Arbeit: Nach Hamburg dreht die Crew unter anderem auf Mallorca und Jamaica. Ein Jahr Dreharbeiten sind geplant. Wedel sagt noch, dass er „unbedingt einen Film in Hamburg machen wollte, in der Stadt, wo ich seit 30 Jahren lebe“. Diesmal hat es geklappt, die Geschichte könne jedoch „in jedem anderen Regierungssitz auch funktionieren“. Klar, es geht um Filz, um Betrug, um Steuerhinterziehung und Intrigen. Parallelen zur Hamburger Politik will Wedel bewusst nicht ziehen. Er will es sich schließlich nicht mit dem Hausherrn verderben. Es war schwer genug, die Drehgenehmigung fürs Rathaus zu bekommen. Also sagt Wedel: „Es handelt sich hier um absolut fiktive Figuren.“

Sieht man Bürgermeister Runde und seinen Darsteller im Film Heinz Hönig nebeneinander stehen, glaubt man das sofort.