„Karate ist das Richtige“

Als Alien-Bekämpferin wurde Sigourney Weaver zur Ikone. Die Weltraumkomödie „Galaxy Quest“ ironisiert diese Vergangenheit. Ein Gespräch über absurde Gagen und „Lola rennt“

taz: Sie gelten als Hollywoods erster weiblicher Action-Star. Als Alien-Bekämpferin Ellen Ripley sind Sie fast so etwas wie eine Ikone der Frauenbewe- gung ...

Weaver: Ich als Action-Held – dass ich nicht lache. Ich bin nun wirklich alles andere als eine Draufgängerin oder ein Teufelsweib. Andererseits war es schon eine große Sache, dass eine Frau die Überlebende im ersten Alien-Film sein durfte. Das war der Zeit voraus. Aber die Studios haben mich als weibliche Heldin nicht aus politischen oder gar feministischen Gründen gewählt, sondern aus rein kommerziellen Erwägungen. Die haben einfach die spannendste, die überraschendste Lösung gesucht. Und auf eine Frau als Überlebende wäre damals niemand gekommen.

Wie stehen Sie heute zum Alien-Mythos?

Die Idee, die ich für die nächste Folge favorisiert hätte, war immer, zu den Planeten der Aliens zurückzugehen. Aber mit dieser Idee stand ich alleine da. Ich weiß nicht, wieso. Ich mag alle vier Regisseure: Ridley Scott, James Cameron, Jean-Pierre Jeunet und David Fincher, und ich mag auch die Unterschiedlichkeit der vier Alien-Filme. Vor allem bin ich froh, dass kein Studio ein Franchise-System aus den Alien-Filmen gemacht hat.

Sehen Sie Ihren neuen Film „Galaxy Quest“ als einen Film über die Hintergründe des Showbusiness?

Ja. Einige finden, es sei eine Satire auf „Star Trek“, aber das ist es nicht. Es ist ein Film über unsere Arbeit. Das ganze Pappmaché, die Weihnachtsbeleuchtung an Deck des Raumschiffs, der ganze Fake, das ist die Wahrheit hinter der Illusion. Das ist der Arbeitsplatz von Filmschauspielern.

Außerdem stimmt noch etwas anderes mit der Realität überein: Wir waren alle schon mal arbeitslos. Und auf Partys hörst du von den größten Stars immer wieder die Befürchtung: „Werden wir jemals wieder eine gute Rolle angeboten bekommen?“ Nach Ang Lees Film „Der Eissturm“, der sehr gute Kritiken erhielt, wurden mir ein Jahr lang nur Böse-Mütter-Rollen angeboten. Also konnte ich ein Jahr lang nicht arbeiten. Selbst für meinen nächsten Film „Breakers“, eine Komödie, in der ich eine lustige, glamouröse und verführerische Frau mit einem ganzen Arsenal von Perücken spiele, mussten wir Ausschnitte aus „Galaxy Quest“ vorführen, damit MGM glaubte, dass ich lustig sein kann.

Gibt es denn genügend große Rollen für Frauen in Hollywood?

Eine Zeit lang gab es nur ganz wenige. Und die goldene Regel hieß: Höchstens eine Frau pro Film. Das war die Zeit der starken Männer, der body movies. Aber inzwischen haben die Studios kapiert, dass der Geschmack des Publikums vielfältiger ist. Sie wollen jetzt auch Filme über Außenseiter, über Liebe, Freundschaft genauso wie irgendwelche Fantasiefilme. Die meisten Filme, die im letzten Jahr auf den Markt kamen, basierten auf Romanvorlagen. Das waren Filme mit moralischen Themen oder Familiengeschichten. Und mit guten Frauenrollen. Der Großteil des amerikanischen Fernsehprogramms ist ja inzwischen female driven. Daran sieht man schon, dass sich die Dinge ändern. Wir hatten aber nebenbei gesagt nichts so Tolles wie ihr. „Lola rennt“ war für mich das tollste Filmereignis im vergangenen Jahr.

Verdienen weibliche Stars in Hollywood immer noch sehr viel weniger als männliche?

Das ist nicht nur bei uns so, sondern überall auf der Welt. Auch in Deutschland. In Amerika kriegen weibliche Stars 70 Prozent des Honorars, das ein Mann für die gleiche Rolle bekommt. Dank Julia Roberts – Gott segne sie – ändern sich die Verhältnisse jetzt. Wenn irgendjemand uns zurückbringen kann ins goldene Zeitalter großer Frauenrollen, dann sie. Sie ist einfach der größte Star, den wir zur Zeit in Amerika haben. Und sie ist eine Frau. Aber ganz persönlich sage ich Ihnen: Wenn ich davon höre, dass ein Kollege zwanzig Millionen mit einem Film verdient, dann denke ich nur: Der kann doch auch nicht mehr essen als ich. Was macht der bloß mit dem ganzen Geld?

Fühlen Sie sich selbst nicht auch überbezahlt? Immerhin haben Sie ab Ihrem zweiten Alien-Film 11 Millionen pro Folge verdient.

Wenn ich mir die Verdienstspannen innerhalb des Filmgeschäfts angucke, dann nicht. Nur wenn ich aber sehe, was andere verdienen. Ich stecke mein Geld zum Beispiel in das Theater meines Mannes Jim Simpson. Es ist ein Non-Profit-Theater in New York. Die Rollenverteilung zwischen uns ist wie folgt: Er macht die Verluste, und ich verdiene manchmal einen ganzen Haufen Geld. Im Vergleich gesehen ist es ein absurdes Bezahlungssystem, und wir machen zu Hause unsere Witze drüber. Das, was John tut, ist eben so gut, dass niemand ihm etwas dafür bezahlt. Stattdessen wird meine Filmerei oft überbezahlt. Aber Hauptsache, es kommt Geld rein.

Sie sind gerade 50 geworden und wirken ausgesprochen fit ...

Ein gut Teil des Lebens von Frauen hängt davon ab, wie sie aussehen. Also halte ich mich fit. Und zwar schon sehr lange Zeit mit Karate. In meinem nächsten Film muss ich wieder eine sehr starke Frau spielen. Meine Tochter meint zwar, ich sei zu alt für solche Geschichten, aber ich finde das nicht. Immerhin stehe ich jetzt kurz vor meiner Prüfung zum braunen Gürtel. Karate ist genau das Richtige für mich.Interview: BRIGITTE NEUMANN