Unter Wert verkauft

Zum Tod des italienischen Schriftstellers und Umweltschützers Giorgio Bassani

Ein Roman machte Giorgio Bassani weltweit bekannt: „Die Gärten der Finzi-Contini“, das Gemälde einer reichen jüdischen Familie aus Ferrara, die in den Jahren des Faschismus mit verschlossenen Augen ihr kleines Glück zu leben sucht, bis die Katastrophe über sie hereinbricht.

Am Donnerstag starb Giorgio Bassani, der letzte der italienischen Schriftsteller, die im faschistischen Italien aufgewachsen waren und nach 1945 das Bewusstsein des Nachkriegsitalien prägten. Geboren am 4. März 1916 in Bologna, jüdischer Abkunft, begann Bassani früh als Mitarbeiter literarischer Zeitschriften zu schreiben, bis er 1938 Opfer der Rassegesetze wurde. Im antifaschistischen Widerstand aktiv, wurde er 1943 verhaftet und entging nur durch einen glücklichen Zufall der Deportation in die Vernichtungslager.

Giorgio Bassani beeinflusste die italienische Kultur nicht nur als Schriftsteller. Er entdeckte Autoren wie Dylan Thomas und Truman Capote für die Italiener, wirkte jahrelang als Verlagsdirektor bei Feltrinelli. Bassani war es, der für den Verlag die Rechte an Lampedusas „Der Leopard“ sicherte, nachdem zahlreiche andere Häuser das Werk abgelehnt hatten. Und als einer der ersten im Land engagierte er sich als Umweltschützer.

Als Umweltschützer kam Bassani zu früh – der Autor des „Reihers“, der „Brille mit Goldrand“ dagegen galt dem italienischen Avantgarde-Mainstream der 60er-Jahre als überholt. In den letzten Jahren aber entdeckte ihn das Publikum wieder, nicht zuletzt dank der Verfilmung der „Brille mit Goldrand“. Giorgio Bassani aber konnte sich des Erfolgs nicht freuen. Seine Familie warf ihm vor, er habe auf seine alten Tage ebenjene Villa, die seinem wichtigsten Roman Pate stand, weit unter Wert verkauft, und ließ ihn 1996 entmündigen. Er starb wie die Helden seiner Romane, ausgegrenzt und gedemütigt. MARINA COLLACI